Ich begrüße die TeilnehmerInnen dieser Fahrraddemonstartion und insbesondere die RadlerInnen der Tour de Natur. Ich freue mich, daß der Kampf gegen die Flughafenerweiterung von Euch so positiv aufgenommen wird. Im Ballungsraum des Rhein-Main-Gebietes sind wir von den schädlichen Auswirkungen des Verkehrs besonders betroffen. Hier frißt sich nicht nur der Moloch Flughafen immer weiter ins Land hinein. Auch die Erweiterung oder der Neubau von Autobahnen, Schnellstraßen, und Ortumgehungen wird vorangetrieben und trägt wesentlich zur Gesamtbelastung bei. Die Diskussion über Feinstaub bringt es an den Tag: Bei der riesigen Automenge, die sich täglich durchs Rhein-Main-Gebiet schiebt, müßten drastische Fahrverbote auf den Autobahnen rings um die Städte in der Region erlassen werden, um die Emissionen wenigstens kurzfristig auf ein zulässiges Maß zu senken. Doch dergleichen ist nicht in Aussicht, geschweige denn, daß die Weichen in Richtung einer nachhaltigen Verkehrspolitik gestellt würden. An dieser Situation hat der KfZ-Verkehr von und zum Flughafen ebenfalls seinen Anteil – und der würde noch erheblich steigen, sollte die Flughafenerweiterung wie geplant gegen die Bevölkerung der Region durchgeboxt werden. Es ist wichtig, daß wir den Zusammenhang der durch den Flughafenausbau induzierten negativen Folgen nicht aus den Augen verlieren. Auch aus globaler Verantwortung heraus ist es richtig, sich gegen jede Flughafenerweiterung zu wehren. Denn geht die rasante Steigerung der Flugbewegungen weltweit so weiter wie bisher, dann wird der Luftverkehr in wenigen Jahren der Klimakiller Nummer eins auf dieser Erde sein. Die negativen Auswirkungen des geplanten Flughafenausbaus hier in der Region sind bekannt: - Der Fluglärm würde zunehmen. Lärm aber macht krank und schädigt die Gesundheit der Menschen - Die Belastung durch Schadstoffe würde steigen - Mehrere Hundert Hektar Bannwald würden unwiederbringlich zerstört. Er wurde gerade wegen des Flächenfraßes durch den Flughafen in den letzten Jahrzehnten ausgewiesen. Die Unterschutzstellung erfolgte damals im öffentlichen Interesse und es gibt keinen Grund, das heute anders zu sehen. - Durch die Zerstörung des Waldes verringert sich der Erholungs- und Freizeitwert der hier lebenden Menschen - Darüber hinaus besitzt dieser Bannwald eine zentrale Funktion als Lärm- und Schadstoffilter und wirkt positiv das regionale Klima. - Die Lebensqualität in der Region nimmt durch die zunehmende Naturzerstörung und Belastung ab - schon heute ist in zahlreichen Kommunen eine Wertminderung von Häusern und Wohnungen zu verzeichnen Wozu das alles? Was ist der Grund für die ungebrochene Naturzerstörung und Verlärmung unserer Region? Es gehe um die Schaffung von Arbeitsplätzen, so tönt es Land auf, Land ab. Doch der Frankfurter Flughafen besteht aus „ganz normalen" kapitalistischen Unternehmen. Die beiden größten sind Fraport und Lufthansa und die handeln wie alle anderen auch nach allgemein üblichen betriebswirtschaftlichen Methoden und aus einer schlichten Interessenlage heraus: Erwirtschaftung von möglichst hohen Renditen bei möglichst niedrigen Personal- und Sachausgaben; dementsprechend werden Verschlechterungen der Konkurrenzbedingungen an die Beschäftigten weiter gegeben. Ziel der Flughafenerweiterung ist also keineswegs die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze, im Gegenteil: je weniger Arbeitskosten, desto besser, desto profitabler. Wir leben in einer Zeit, in der immer mehr Güter und Dienstleistungen von immer weniger Menschen produziert werden. Rationalisierungen und der angebliche Sachzwang der Globalisierung werden dazu benutzt, Arbeitsplätze abzubauen und auszulagern. Daran würde auch der Bau von 100 Flughäfen nichts ändern. Ganz im Gegenteil: Der Flughafen bietet die technischen und logistischen Voraussetzungen für einen schnellen Transport von Waren und Menschen und trägt damit zur Verlagerung von Arbeitsplätzen bei. Dazu kommt außerdem, daß in den Transportkosten in keiner Weise die Kosten für die ökologischen und gesundheitlichen Schäden enthalten sind, die durch die ungebremste Mobilität ausgelöst werden. Die verbliebenen Arbeitnehmer haben sich mit verminderter Entlohnung, längeren Arbeitszeiten und und schlechteren Arbeitsbedingungen herumzuschlagen. Das gilt auch für Flughafenbeschäftigte. - So werden Frachtdienste und Bodenpersonal von Fraport immer mehr in Tochterfirmen ausgelagert, zu wesentlich niedrigeren Löhnen versteht sich. - Unter dem Motto „Wir machen Fraport fit" wird eine Strategie der Kostensenkung auf dem Rücken der Beschäftigten durchgesetzt. Das Programm zielt auf Änderung der Arbeistszeiten, Tarifstrukturen und betriebliche Mehrarbeit ohne Lohnausgleich, geringere Urlaubsdauer und andere Zugeständnisse der Beschäftigten. - Die große Masse der Beschäftigten im Sicherheitsdienst ist mittlerweile bei „Drittanbietern" zu weit schlechteren Bedingungen als die Fraport-Angestellten beschäftigt. Teilweise liegen für Angestellte von privaten Wach- und Sicherheitgewerbes die Löhne unter 6.- Euro pro Stunde. Die herrschende neoliberale Ideologie setzt auf eine sich verstärkende wirtschaftliche Globalisierung. Konkurrenz und Wachstum sind herrschende Prinzipien im gnadenlosen Wettbewerb der Standorte – dabei können wir nur alle verlieren. Politik wird nur als Versuch der Verbesserung von Standortbedingungen betrieben, Umweltpolitik taucht lediglich als Störfaktor auf, sich verschärfenden soziale Ungleichheit wird bewußt gefördert. Spätestens hier muß man sich fragen: Wachstum - für wen? Wem nutzt es? Dazu nur zwei Zahlen: Zu Beginn des Baus der Startbahn-West gab es in ganz Deutschland ca. 1 Million Arbeitslose. 25 Jahre später und 250 Ha Wald sind daraus ca. 5 Millionen geworden. Offensichtlich hat haben alle Wachstumsideologien und Ausbauten Verkehrsprojekten nicht den gewünschten Effekt gehabt. Es wäre sinnvoller, darüber nachzudenken, welche sozial- und umweltverträglichen Möglichkeiten zur Daseinssicherung mit 3,4 Mrd. Euro möglich sein könnten – soviel soll nämlich die Flughafenerweiterung insgesamt kosten. A-380 Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat entscheiden: die A-380 Halle darf gebaut werden. Der oft zitierte Spruch „Recht haben heißt nicht gleich Recht bekommen hat sich wieder mal bewahrheitet. Erstaunen kann das nur, wenn man die Verflechtung zwischen Wirtschaft, Politik und Justiz und den herrschenden neoliberalen Ungeist der letzten Jahre bewußt ignoriert hat. Von Anfang an prägten Tricksereien, bewußte Lügen und falsche Versprechungen von Fraport und den politisch Verantwortlichen die Auseinandersetzung um die Flughafenerweiterung. - Da steht im Planfeststellungsbeschluß zur Startbahn West von 1971 zu lesen, es würde keine neue Bahn mehr genehmigt werden – heute ist das für die Gerichte und die Politik Makulatur, für Fraport und Lufthansa sowieso. - Da wurden die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens auf Geheiß des Wirschaftsministeriums so abgeändert, daß ein Ausbau im Süden raumverträglich sei. In der ursprünglichen Fassung lautete das Ergebnis genau anders herum. - Da räumte die Fraport AG im Sommer letzten Jahres erstmals ein, daß es Alternativstandorte für die A- 380-Halle gäbe, nachdem sie das vorher standhaft geleugnet hatt. Aus Kostengründen würden diese Alternativen aber nicht realisert werden. In Anbetracht des Ausbauvolumens von 3,4 Mrd Euro ist diese Behauptung ein Witz und zeigt nur, wie ignorant der Flughafenbetreiber sich den Interessen der Menschen und des Naturschutzes gegenüber verhält. - Da wurden rings um das Gelände zahlreiche geschützte Mittelspechte gefunden. Seltsamerweise sparten die Tiere ausgerechnet das vorgesehene Gelände für die Werft aus – nur um in einem späteren Gutachten doch noch gefunden zu werden, das - wen wunderts - aber nicht mehr beachtet wurde. - Da behauptete Fraport noch im letzten Jahr, man verzichte aus Umweltschutzgründen auf den Bau eines Parkhauses mitten im Bannwald – aber in den Unterlagen zur Planfeststellung Landebahn Nord-West ist das Parkhaus wieder mit dabei. - Da verschwindet ein wirtschaftswissenschaftliches Gutachten, das im Raumordnungsverfahren erstellt wurde aus den Planfeststellungsunterlagen zur LAdnebahn. Der Grund: Das Ergebnis hat den Ausbaubetreibern nicht gepaßt. Es konnte nämlich kein Zusammenhang zwischen dem Flughafen und der Anzahl der Arbeitsplätze in der Region festgestellt werden. Angesichts dieser Vorkomnisse ist es selbstverständlich, daß wir nicht darauf hoffen, vor Gericht Recht zu bekommen. Den Protest und Widerstand müssen wir schon selbst organisieren. Niemand sollte vergessen, dass nach der Werft eine Landebahn und ein gigantisches drittes Terminal für bis zu 40 Millionen Passagiere gebaut werden sollen. Eines aber ist sicher: wenn unser Protest ausbleiben sollte, wird Fraport in wenigen Jahren weitere Forderungen stellen. Dass die Region in Sachen Ausbaupläne lange Jahre relative Ruhe hatte, ist ein Verdienst und Ergebnis des starken Protestes gegen den Bau der Startbahn-West. Die Bahn wurde gebaut, aber jahrelang traute sich kein Politiker und kein Manager, ernsthaft eine neue Start- oder Landebahn zu fordern. Das ist Grund genug für Protest und Widerstand angesichts der drohenden Rodung des Bannwaldes für die A-380-Werft. Voraussichtlich am 1. September sollen die Bäume fallen. Wir rufen dazu auf an diesem Tag X in den Wald zu kommen. Treffpunkt ist um 17.00 an der Feuerwehr in Walldorf an der Okrifteler Straße. Anschließend findet eine gemeinsame Demonstration zum Gelände statt. Wahrscheinlich wird schon Tage zuvor das Gelände für die Bevölkerung unzugänglich gemacht und ein Zaun gezogen werden. Wir rufen dazu auf, bereits zu diesem Zeitpunkt in den Wald zu gehen und dagegen zu protesterien. Am Montag, den 12. September 2005 beginnt der Erörterungstermin zum Planfeststellungsverfahren Landebahn Nord-West und Terminal 3 in der Stadthalle Offenbach. Wir glauben nicht, dass es in diesem Verfahren anders zugehen wird als im Verfahren zum A-380. Ziel des Erörterungstermins ist es, die Bürgerinnen und Bürger möglichst zahm und brav in das Verfahren zu integrieren und danach die längst fest stehende Entscheidung für einen Ausbau zu verkünden. Deshalb ist der erste Tag der Erörterung der Tag des Protestes, ein Auftakt für weitere Aktionen und Demonstrationen. Deshalb die Aufforderung: Beteiligt Euch an der Demonstration dort an diesem Tag. Wir fordern: Keine Flughafenerweiterung - weder in Frankfurt noch anderswo! - Für ein Nachtflugverbot von 22-06 Uhr! Petra Schmidt, 06.08.2005, BI Mörfelden-Walldorf