Demo 29.06.2003, Redebeitrag von Kerstin Wirth-Schiffler am Tor 31 Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, wieder einmal haben wir uns am Tor 31 zusammengefunden, um unseren Protest und unseren Widerstand deutlich zu machen. Wieder einmal will der Flughafen über seine bestehenden Grenzen hinauswachsen – hinein in unseren Wald. In diesem Wald soll die Wartungshalle für den neuen Super-Airbus 380 entstehen. Statt Bäume, ein riesiger Betonklotz. Statt Waldboden – Betonflächen. Das Krebsgeschwür Flughafen wuchert weiter und nimmt uns unseren Lebensraum. Wir sagen NEIN zu diesen Ausbauplänen! Während des Mediationsverfahrens war von der Werfthalle und dem Airbus A380 keine Rede. Es war auch keine Rede von der Vergrößerung der Gesamtfläche über den Zaun hinaus und der Verlegung der Okriftler Straße. Wie so oft in der Geschichte des Flughafenausbaus wurde die Bevölkerung getäuscht! Das Mediationsverfahren hat sich als Manipulationsverfahren entpuppt. Es dient einzig und alleine dazu, den Betroffenen etwas vorzumachen und die Ausbauvorhaben durchzudrücken. Seit Montag liegen die Unterlagen für die Planfeststellung der A380 Werft aus. Die Größe und die Höhe der geplanten Lufthansahalle ist erschreckend. Sie soll 350 m lang und 140 m breit werden. Das entspricht einer Fläche von ca. 7 Sportplätzen. Die Höhe soll 45 m betragen. Ein Riesenklotz mitten im Wald. Ebenso erschreckend ist die Tatsache, dass für Triebwerksprobeläufe im Außenbereich keine Lärmschutzvorkehrungen geplant sind. 15 Großraumflugzeuge vom Typ A380 wurden bereits von der Lufthansa bestellt. Weltweit sollen insgesamt 129 Bestellungen vorliegen. Der dreistöckige Riesen-Airbus, der in Finkenwerder gebaut wird, soll 550 Passagieren Platz bieten. Welche Lärm und Schadstoffbelastung von dem Airbus der XXL-Klasse ausgehen, ist noch ziemlich unbekannt, doch eins ist klar: Die Belastungen am Boden und in der Luft werden deutlich zunehmen. Doch aus dem Mund der Fraport klingt das völlig harmlos: „Leise Großraumflugzeuge sind im Interesse der Region“, so der Fraport-Sprecher Wolfgang Schwalm. Es ist so, als hätte der Wolf Kreide gefressen, wie in dem bekannten Märchen. Doch wir lassen uns nicht täuschen! Weltweit sind drei Wartungshallen für den Typ A380 geplant. In Asien, in Amerika und in Europa. Warum, fragen sich viele, soll ausgerechnet der Flughafen Frankfurter Standort für Europa werden? Ein Flughafen, der mitten im Ballungsgebiet Rhein-Main liegt? Diese Frage ist nur so zu beantworten: Die Wartungshalle ist der Einstieg in den geplanten Flughafenausbau. Mit diesem Projekt sollen wichtige Voraussetzungen für die Infrastruktur des Gesamtausbaus geschaffen werden. Es ist der Einstieg in den Mega-Hub. Ein Flughafengigant im Passagier- und Frachtbereich soll entstehen. Wir sagen Nein zu diesen brutalen Ausbauplänen. Hier im Süden soll auf dem Gelände der ehemaligen Air-Base das Terminal III gebaut werden. Es ist so groß dimensioniert, wie das Terminal I und Terminal II zusammen. Bis zu 40 Mio. Passagiere im Jahr sollen dort abgefertigt werden. Außerdem vergrößert sich der Cargo-Bereich weiter. Am Donnerstag wurde z.B. auf dem Cargo-Gelände für eine neue Frachthalle Richtfest gefeiert. Sie besteht aus 8.600 Quadratmetern Nutzfläche und verfügt über spezielle Einrichtungen wie Kühl- und Wertlager, einem separaten Bereich für Gefahrgut sowie 31 LKW-Andocktore. Mit der Ansiedlung von Speditionen und internationalen Logistikunternehmen will sich die Fraport eine noch stärkere Position im globalen Luftfrachtgeschäft sichern. Dieses Tor ist die Einfahrt zum Cargo-Bereich. Hier rollen die Lastzüge mit Importgütern aus Billiglohnländern: Kleider aus Asien, Rosen aus Afrika, Gefrierfleisch aus Argentinien und Gefahrgütern aus aller Welt. Die Luftfracht ist ein entscheidender Faktor innerhalb der Globalisierung. Der Flughafen schafft die logistische Voraussetzung dafür, dass internationale Konzerne im Ausland billig produzieren, die Menschen dort ausbeuten und hier die Arbeitsplätze vernichten. Diese Zusammenhänge werden allerdings bei der Arbeitsplatzdiskussion von den Ausbaubefürwortern unter den Tisch fallen lassen. Der geplante Ausbau im Süden ist eng mit dem geplanten Ausbau im Norden gekoppelt. Für die neue Landebahn Nord im Kelsterbacher Wald sollen über 200 Hektar Bannwald geopfert werden. Dort sollen dann zukünftig auch die Zubringerflüge landen, die dem Riesen-Airbus die Passagiere bringen. Dabei soll das Gewerbegebiet „ Im Taubengrund“ in Kelsterbach in einer Höhe von 50 Metern überflogen werden. Dieses Problem hat die Fraport schon frühzeitig auf ihre Art bereits gelöst: Die großen Speditionen sind bereits auf das Cargo-Gelände am Flughafen umgesiedelt – sicher hat man ihnen ein gutes Angebot gemacht - und Condor ist nach Frankfurt abgezogen. Zurück bleibt nicht nur ein leerstehendes Gewerbegebiet, oder die Stadt Kelsterbach, zurück bleiben wir alle, wenn wir uns nicht gegen die rücksichtslose Strategie der Fraport zur Wehr setzen. Der geplante Ausbau am Boden bedeutet natürlich auch Ausbau in der Luft. Alle Ausbaumaßnahmen haben nämlich nur ein Ziel: die Kapazitäten sollen weiter nach oben geschraubt werden. Dem Kapitalobjekt Flughafen sind offenbar keine Grenzen gesetzt. Die Verdopplung der jetzigen Kapazitäten auf 1Mio. Flugbewegungen im Jahr wird angestrebt. Ich frage Euch, wer kann sich diese Steigerung der Flugbewegungen überhaupt vorstellen? Wer kann sich diese Belastungen vorstellen? Der Ist-Zustand ist schon unerträglich. Wie soll unsere Region eine Verdopplung von Lärm und Schadstoffen verkraften? Will uns die Fraport platt machen, so wie sie das Gewerbegebiet „Im Taubengrund“ platt gemacht hat? Der brutalst mögliche Ausbau wird die Menschen aus dieser Region dazu zwingen ihr Lebensumfeld, ihre Heimat zu verlassen. Wohngebiete werden unbewohnbar werden und verslummen. Nein, wir schreien es hinaus: Wir wollen von den großspurigen Ausbauplanungen und den Profitinteressen der Ausbaubetreiber nicht aufgefressen werden. Wir werden uns wehren! Die Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren A380- Wartungshalle bzw. Werft liegen seit Montag in den Städten Mörfelden-Walldorf, Rüsselsheim, Raunheim, Kelsterbach und Frankfurt aus. Das Bündnis der Bürgerinitiativen hat kritisiert, dass die Auslegung der Unterlagen bei weitem nicht ausreichend ist. Alle Bewohner im Rhein-Main Gebiet sind betroffen und alle Betroffenen haben das Recht ihre Einwendungen zu erheben. Und genau das werden wir auch tun! Die BI´s und die Städte wollen die Widersprüche und Einwendungen sammeln und am 5. August 03 dem Regierungspräsidenten in Darmstadt übergeben. Mit dem Hallenbau beginnt der Gesamtausbau. Mit dem Hallenbau sollen wir zum Lärm-Mülleimer von Europa werden. Das sollte jeder im Rhein-Main Gebiet kapieren. Wenn die Bagger rollen ist es zu spät! Wer sich jetzt nicht wehrt, hat bereits verloren! Das Bündnis der Bürgerinitiativen wird alle Möglichkeiten nutzen um unseren Widerstand offenkundig zu machen. Wir werden uns nicht hinter Schallschutzfenstern ruhig stellen lassen. Wir zeigen dem Flughafen die rote Karte!