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Berlin, 14. Dezember 2006

Granold stimmt gegen Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen

(BERLIN) Die Bundestagsabgeordnete aus Mainz-Bingen, Ute Granold, hat nach den abschließenden Beratungen zur Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes im Deutschen Bundestag, zusammen mit drei weiteren Unionsabgeordneten, gegen den Gesetzentwurf der Bundesre-gierung gestimmt.

„Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, den Fluglärmschutz der Bevölkerung nachhaltig zu verbessern und einen wirksamen Ausgleich zwischen den Interessen der Luftverkehrswirtschaft auf der einen und denen der fluglärmgeschädigten Bürger auf der anderen Seite herbei-
zuführen, wird mit diesem Gesetz so nicht angemessen
erreicht“, kritisiert Granold.

„Die Absenkung der Grenzwerte für Ansprüche auf passiven Schallschutz bei bestehenden Flughäfen von 75 dB(A) des alten Gesetzes von 1971 auf 65 d(B)A verspricht zunächst wirkungsvolleren Lärmschutz“, so die
Unionspolitikerin. „Durch veränderte Berechnungsmethoden gibt es aber
kaum Verbesserungen, ja so sogar teilweise Verkleinerungen der Schutzzonen.“ Deshalb habe sie noch einmal darauf hingewiesen, dass die Grenzwerte vor diesem Hintergrund immer noch zu hoch angesetzt seien.
„Weitere Kritikpunkte bleiben aus meiner Sicht die zeitliche Streckung von Schutzmaßnahmen bzw. Schutzansprüchen, die unterschiedliche Behandlung bereits bestehender und neu zu bauender Flugplätze, das Zurückgehen hinter bereits in Mediationsverfahren erreichte Regelungen sowie der unzureichende Nachtschutz“, so Granold.

Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung, vor allem in der Umgebung der größeren Flugplätze, fühlt sich durch Fluglärm belästigt oder beeinträchtigt. Das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm stammt aus dem Jahr 1971 und ist veraltet. Es entfaltet nahezu keine Wirkung mehr, da die bestehenden Fluglärmschutzzonen sich zumeist auf den Bereich der Flugplätze selbst beschränken. Mit einer Novelle des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm soll entsprechend der Koalitionsvereinbarung der Schutz der Menschen vor Fluglärm in der Umgebung der großen Flugplätze deutlich verbessert und ein auf Dauer tragfähiger Ausgleich zwischen den Belangen der Luftverkehrswirtschaft einerseits sowie den berechtigten Lärmschutzbelangen der betroffenen Bürger andererseits erreicht werden. Die Bundesregierung hat mit der Drucksache 16/508 vom 02.02.06 einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der nach einer Sachverständigenanhörung und der
Ressortabstimmung noch in diesem Jahr in Kraft treten soll.

Der vorgelegte Gesetzentwurf erreicht nach Auffassung von Kommunen in Flughafennähe, Lärmschutzorganisationen, Natur- und Umweltschutzverbän-den und weiteren Interessensgemeinschaften jedoch – unter Beachtung der jüngeren Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung – nicht das erforderliche Schutzniveau. Die bisher zwischen den beteiligten Ressorts Umwelt und Verkehr in dieser Frage erzielten Kompromisse zeigen, dass man damit dem eigenen Schutzanspruch nicht gerecht werden kann. Im Gegenteil: Die bislang an zahlreichen Flughäfen durch die Genehmigungsbehörden veranlassten Schutzmaßnahmen gehen zum Teil schon heute deutlich über die im Entwurf enthaltenen oder seitens der Luftverkehrswirtschaft geforderten Regelungen hinaus.

Die nachfolgend aufgeführten Punkte stellen wesentliche Schwachpunkte des Gesetzentwurfes dar. Im Interesse eines besseren Schutzes der Bevölkerung appelliere ich an sie, vor allem diese Punkte vor der Verabschiedung des Gesetzes noch einmal zu überprüfen und zu überdenken.

1. Grenzwerte
Die Grenzwerte, insbesondere für die bestehenden Flughäfen, sind unter Berücksichtigung der neueren Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung mit einem äquivalenten Dauerschallpegel von 65 dB(A) (Schutzzone 1) und 60 dB(A) (Schutzzone 2) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht (Nachtschutzzone) erkennbar zu hoch angesetzt. Bei der Festschreibung von Grenzwerten muss auch beachtet werden, dass der Fluglärm gegenüber der Lärmwirkung anderer Verkehrsträger deutlich belästigender empfunden wird.

2. Fluglärmberechnung/Fluglärmdarstellung
Der Gesetzentwurf enthält die so genannte „Real“-Verteilung mit Sigma-Zuschlag über die sechs verkehrsreichsten Monate des Prognosezeitraums als Basis zur Berechnung der Lärmbelastung. Mit den so gewonnen Daten werden die Lärmschutzzonen ausgewiesen, Bebauungsverbote und Entschädigungszahlungen begründet. Diese Form der Berechnung bildet die tatsächliche Lärmbelastung an vielen Flughafenstandorten nicht ausreichend ab. Die bis jetzt vorgesehene Regelung hätte zur Folge, dass Anlieger keinen Anspruch auf Schallschutz haben, wenn sie im Mittel der sechs verkehrsreichsten Monate unter den entsprechenden Lärmgrenzwerten liegen. Bei regelmäßig über längere Zeiträume andauernden Betriebsrichtungen – im Fall des Frankfurter Flughafens z.B. verändern lang anhaltende Wetterlagen mit stabilen Windrichtungen die Lärmbelastungen erheblich, was durch das bisher vorgesehene Lärmberechnungsverfahren weggemittelt würde – muss die tatsächliche Lärmbelastung erfasst und bewertet werden können. In Deutschland werden die im Gesetzentwurf vorgesehenen Grenzwerte bei einer Lärmberechnung nach diesem Verfahren nur an zwei Messstellen überschritten: in Düsseldorf [M01] und Berlin- Tegel [M49]. Ansprüche auf Schutzmaßnahmen entstehen erst bei Überschreitung der Grenzwerte. Dies ist an bestehenden Flughäfen erst bei mehr als 400 Überflügen in 16 Stunden (weniger als 2,4 Minuten Abstand) mit einem mittleren Maximalpegel
von 75 dB(A) der Fall, wenn sich in den sechs verkehrsreichsten Monaten dieses Szenario an mindestens 180 Tagen wiederholt. Als für alle Beteiligten akzeptable Alternative bietet sich die „Monatslärmkonzeption“ an, die den lautesten Monat als Referenzzeitraum zu Grunde legt.

3. Zeitliche Streckung der Schutzmaßnahmen
Es ist den Menschen in den vom Fluglärm belasteten Regionen nicht zu vermitteln, dass dem erkannten gewachsenen Schutzbedarf erst nach vielen Jahren entsprochen werden soll. Konkret bedeutet das, dass man eine Gesundheitsgefährdung bewusst über eine längere Zeit billigend in Kauf nimmt. Ebenso unverständlich ist die vorgesehene Regelung, dass die strengeren Grenzwerte an zivilen Flughäfen, die neu gebaut oder wesentlich verändert werden, erst ab dem Jahr 2011 gelten sollen. Für Flughäfenstand-orte an denen vorher entsprechende Planfeststellungsbeschlüsse
vorliegen, würden demnach dauerhaft die zu hohen Grenzwerte für Bestandsflughäfen gelten.

4. Anpassung des Luftverkehrsgesetzes

Der Gesetzentwurf sieht vor, den § 8 des Luftverkehrsgesetzes so zu ändern, dass die neuen Grenzwerte im Rahmen der planerischen Abwägung „zu Grunde“ zu legen sind. Mit einer solchen Änderung des Luftverkehrsgesetzes würde die Berücksichtigung standortspezifischer Belastungssituationen (z.B. Anzahl der Flugbewegungen, Überflughöhen, Bevölkerungsdichte, Anzahl der Betroffenen) gänzlich missachtet. Vereinbarungen, wie sie z.B. über den Mediationsprozess am Flughafen Frankfurt erreicht werden sollen, könnten dann nicht erfolgreich umgesetzt werden.
Dies schließt vorgesehene Nachtflugverbotsregelungen mit ein.

Die Medienberichterstattung über die direkte Einflussnahme von Wirtschafts-
lobbyisten auf die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen in den Ministerien (Magazin MONITOR Nr. 554, Sendung vom 19. Oktober 2006) – das Thema „Fluglärm“ wurde hier exemplarisch aufgearbeitet - hat in meinem Wahlkreis zu Recht für großen Unmut gesorgt. Die Bürgerinnen und Bürger sehen in den bisher im Rahmen der Diskussion um die Gesetzesnovelle des Fluglärmschutzgeset-zes bekannt gewordenen Zugeständnissen an die Luftverkehrswirtschaft die Folgen dieses Zustands.

Auch vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, die Empfehlungen des Bundesverkehrsministeriums zur Neugestaltung des Gesetzentwurfes noch einmal kritisch zu überprüfen und zu hinterfragen. Ein wirklich dauerhafter Ausgleich ist nur möglich, wenn die Interessen aller beteiligten Parteien fair gegeneinander abgewogen werden. Es liegt nun in Ihrer Hand, durch die weiteren Diskussionen in den zuständigen Fachausschüssen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik nicht zu zerstören. Sorgen sie dafür, dass das neue Fluglärmschutzgesetz tatsächlich die Bürger vor Fluglärm und nicht den Fluglärm vor den Bürgern schützt.

Mit freundlichen Grüßen
Ute Granold MdB

 


     


Bündnis der Bürgerinitiativen Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot
Verantwortlich: Winfried Heuser, Frankfurt/Main, Sprecher des Bündnisses