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14. Juli 2010
Mehrere Hundert Menschen haben am frühen Montagmorgen im Terminal 1 versucht, dem Deutschen Fussballbund eine Siegesfeier abzutrotzen. Vergeblich- sie bekamen ihre Lieblinge nicht zu Gesicht. Das gelang nur einigen hohen Damen und Herren, die Kraft ihrer Wirtschaftsmacht und ihrer Ämter bis aufs Vorfeld vordrangen.
Seit über einer halben Stunde klebt das kleine Mädchen - nennen wir es Sarah-Ann- an der gläsernen Trennwand im Ankunftsbereich. In ihren Augen liegen inzwischen Traurigkeit und tiefe Enttäuschung. Sie hat den besten Platz ganz vorne, aber nur müde, normale Passagiere, nicht aber Poldi, Schweini, Theo und Jogi kommen aus der Tür vom Zoll.
Auch ihre Eltern, die sich direkt dahinter aufgebaut haben, um die Autogrammkarten über die Ballustrade reichen zu können, werden zunehmend nervös. Ob das so eine gute Idee war, heute morgen spontan zum Terminal zu fahren ? Und: Müssen die Profis überhaupt durch den Zoll ? Ihnen ist klar, das auch ein Besuch im Flughafen-McDonalds den Tag nicht mehr retten kann. Aber schliesslich sind sie doch eine Macht, ein paar hundert "Schland"-Demonstranten . Das kann der DFB doch nicht ignorieren.
Doch, kann er. Schliesslich hat er ja alle Feierei abgesagt. Wer trotzdem will, kann das ja privat machen. Oder -und das ist wahrscheinlicher- es künftig sein lassen.
Denn:Vielleicht lernen Sarah Ann und ihre Eltern ja auch was draus.
Zum ersten: Der Flughafen ist kaum noch ein öffentlicher Raum. Noch viel weniger als beispielsweise ein Bahnhof. Die Trennscheibe, an die Sarah-Ann ihre Nase plattdrückte, ist die Grenze des Hochsicherheitsbereiches. Und: Im Flughafen gibt es solche und solche Passagiere. Neben den Blindschleichen gibt es die Vipern, die VIPs. Das sind die wichtigen Leute. Die haben eigene Lounges, einen eigenen Limo-Service und diskrete Zu- und Abgänge. Das sind die Leute, für die der Flughafen hauptsächlich da ist, für die Frequent Travellers. Und weil die auch in allen Regierungen sitzen, fördern sie für sich selber das Vielfliegen, auch wenn es auf Kosten der Umwelt und der Allgemeinheit geht. Und: Weil sie abgeschottet sind, bekommen die Fussballspieler, die auch dazu gehören, den "Hundeblick" von Sarah Ann nicht mal mit...
Und: Der Flughafen ist ein "Hub". Das bedeutet übersetzt Radnabe, Mittel- und Angelpunkt. Ganz viele Leute steigen hier nur von einem in den anderen Flieger um und verlassen den Flughafen gar nicht. So wie auch viele von den Fussballern. "Schweini" beispielsweise fliegt gleich weiter nach München. Von solchen Passagieren haben die BewohnerInnen der Region wenig, ausser dem Krach ihrer Maschinen. So wie Sarah Ann, die vergeblich auf "Schweini" wartet.
Und: Die Schland-Demonstranten sind nicht alle gleich. Da sind Wolfgang Mayrhuber, Chef von der Lufthansa, und Dieter Zetsche, Chef von Daimler-Benz. Die dürfen in den Transit-Bereich und sogar aufs Rollfeld, weil sie ganz wichtige Sponsoren sind. Und da ist Petra Roth. Die wollte eigentlich, dass auf dem Römerberg ein grosser Empfang stattfindet. Jetzt ist sie verärgert und kommt zum demonstrativ zum Flughafen. Da kann sie problemlos hin, weil die Stadt Frankfurt Miteigentümerin vom Flughafen ist. Allerdings soll sie als Politikerin ja eigentlich nicht sich selbst sondern die Interessen der BürgerInnen und Bürger vertreten. Deshalb ist es irgendwie peinlich, dass sie mit den Bossen oben auf dem Rollfeld steht und nicht bei den gewöhnlichen "Schland"-Leuten unten im Ankunftsbereich.
Aber so geht es im Leben. Vielleicht gibt es ja einen schönen, geschönten Bereicht auf Rhein-Main-TV.
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