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Stellungnahme des Bündnis der Bürgerinitiativen zur
Anhörung im Hessischen Landtag am 23. und 24. September 2010


Als Bündnis der Bürgerinitiativen würden wir unserer Aufgabe nicht gerecht, wenn wir nur auf die Dimension der Lebensraumzerstörung und Verlärmung der Region hinweisen würden, wir wollen auch die Betroffenheit der Bevölkerung zum Ausdruck bringen.

Wer in Neu-Isenburg, Raunheim, Kelsterbach oder Mörfelden-Walldorf wohnt, also unmittelbar unter der Einflugschneise, weiß im Gegensatz zu denen, die für den Ausbau gestimmt haben, wovon er redet, wenn er das Wort „Fluglärm“ in den Mund nimmt.

Der Ausbau des Frankfurter Flughafens ist das Ergebnis rücksichtsloser Lobbyarbeit der Luftverkehrsindustrie. Er wurde gegen die Interessen und gegen den erbitterten Widerstand der hier lebenden Bevölkerung durchgedrückt.

150.000 betroffene Anwohner haben von ihrem Recht Gebrauch gemacht und im Rahmen des Raumordnungs- und des Planfeststellungsverfahrens Einspruch erhoben gegen den Ausbau. Die Zahl der Einwender wäre um ein Vielfaches höher gewesen, wenn nicht von Seiten der Politik und der Luftverkehrslobby diese unsägliche Job-Lüge in Szene gesetzt worden wäre.

Und was ist aus den versprochenen Jobzuwächsen geworden? Die Zahl der Direkt-beschäftigten am Flughafen liegt heute nur unwesentlich über der Zahl von vor zehn Jahren. Und wenn der rechnerische Ausgangswert für die Hochrechnungen der vielen tausend Arbeitsplätze nicht stimmt, dann stimmt auch das gesamte Berechnungsmodell nicht. Und somit fällt der gesamte, von der PR-Maschinerie aufgebaute Zahlenpopanz in sich zusammen. Über der Zahl Arbeitsplätze liegt jetzt der Mantel des Schweigens. Ganz abgesehen von der Qualität der Jobs und deren Bezahlung unterhalb eines zumutbaren Niveaus.

Wohlgemerkt, es geht hierbei nicht gegen den Flughafen als solchen, wie man den Bürgerinitiativen immer wieder unterstellt hat; wogegen sich die Mehrzahl der Mitstreiter im Bündnis der Bürgerinitiativen aber zur Wehr gesetzt hat, ist die nochmalige Erweiterung eines bestehenden internationalen Großflughafens zu einem Mega-Hub in einem dichtbesiedelten Gebiet. Ein Gebiet, das faktisch zu einer einzigen Großstadt zusammen-gewachsen ist, und das nach außen als Metropole und homogene Wirtschaftsregion verkauft wird, obwohl wir alle wissen, dass wir weit davon entfernt sind. An kaum einem anderen vergleichbaren Flughafen gibt es mehr Betroffene.

Aber statt an Ausbau, denkt man woanders über Verlagerung in dünner besiedelte Gebiete nach. In einem mit der Rhein-Main-Region vergleichbaren Stadtgebiet, wie London oder Berlin, läge der Flughafen mitten in der Stadt, also ungefähr da, wo in Berlin der Flughafen Tempelhof angesiedelt ist, der gerade geschlossen wurde, weil er für die Bevölkerung nicht mehr zumutbar ist, mit einer für Frankfurter Verhältnisse kaum wahrnehmbaren Flugfrequenz.

Im blinden Glauben, dass wirtschaftliches Wachstum immer auch zum Wohle der Menschen ist, haben sich die verantwortlichen Politiker, und das betrifft leider beide großen Parteien, den Argumenten der Kommunen und der hier lebenden Menschen gegenüber verschlossen und einseitig den Interessen der Luftverkehrslobby stattgegeben.

Wir Bürger fühlen uns von der Politik verraten und durch falsche Versprechen getäuscht. Und auch an der Unabhängigkeit des Hessischen Verwaltungsgerichts sind erhebliche Zweifel angebracht. In seltener Einmütigkeit von Politik, Wirtschaft und Gericht sind unsere Interessen missachtet und der gewünschte Ausbau durchgewunken worden.

Und auch das versprochene Nachtflugverbot, als übrig gebliebenes Trostpflaster, steht auf der Kippe. Die Hessische Landesregierung geht in die Revision beim Bundesverwaltungs-gericht in Leipzig und bekämpft auch hier wieder ihre eigenen früheren Zusagen. Und für den Fall, dass Leipzig nicht im Sinne von Lufthansa-Cargo entscheiden sollte, möchte man das Luftverkehrsgesetz ändern. Wie anders soll man die im Koalitionsvertrag geforderten „international und wettbewerbsfähigen Betriebszeiten“ interpretieren.

Der Ausbau des Frankfurter Flughafens ist ein Lehrbeispiel dafür, wie die Politik ihre Glaubwürdigkeit verspielt, wie man Politikverdrossenheit auf die Spitze treiben kann und wie dadurch unsere Demokratie Schaden erleidet. Die Luftverkehrslobby hat von der Politik alles bekommen, was sie wollte, ohne einen Preis dafür zu bezahlen.

Der Preis, den wir, die Bürger der Region dagegen für den angeblichen Wachstumsmotor zahlen, ist gewaltig und grenzt in seiner Dimension an Nötigung.

Der Flughafen frisst sich in das Umland und nimmt von der Region Besitz. Er beansprucht Unterordnung und Anpassung an seine Bedürfnisse und die Politik unterwirft sich.

Er vernichtet wertvollen Bannwald, er zerstört die Lebensqualität etablierter Wohngebiete, er vernichtet Entwicklungsmöglichkeiten der Anrainerkommunen. Die quantitativen und qualitativen Siedlungsbeschränkungen sind derart einschneidend, dass man mit erheblichen strukturellen und sozialen Verschiebungen rechnen muss.

Wer es sich leisten kann, zieht weg.

Bereits jetzt und künftig noch mehr werden Hunderttausende von Menschen mit Lärm und Dreck überschüttet. Sie werden Tag und Nacht von vielen Einzelschallereignissen lauter Flugzeuge belastet und damit schweren gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt. Diese Tatsache wird von der Luftverkehrsindustrie und den ihr gewogenen Politikern nach wie vor konsequent geleugnet, obwohl die Zusammenhänge zwischen Fluglärm und den gesundheitlichen Folgen inzwischen durch viele unabhängige Studien bestätigt worden sind.

Die Rhein-Main-Region möchte zu den führenden Dienstleistungs- und Forschungs-standorten in Europa gehören. Ein solcher Anspruch steht und fällt aber unter anderem mit der Qualifikation und der Leistungsfähigkeit von Menschen und ihrer Bereitschaft hier zu leben. Wichtigstes Kriterium bei Ansiedlungs- und Erweiterungsentscheidungen von Unternehmen ist die Verfügbarkeit geeigneter Mitarbeiter. Diese wird erheblich beein-trächtigt, wenn gut ausgebildete Fachkräfte eine Region wegen mangelnder Umwelt- und Lebensqualität meiden oder gar verlassen.

Das Image dieser Region in Bezug auf Wohn- und Lebensqualität ist im internationalen Vergleich nicht gerade sehr ausgeprägt. Ein bundesdeutscher Megahub mit zentraler Passagier- und Umschlagsfunktion in bester Innenstadtlage eines ambitionierten Dienstleistungsstandortes ist nicht dazu angetan, die Attraktivität der Region zu erhöhen und deren Imagedefizite zu beseitigen.

Diejenigen Politiker, die dem Ausbau ihre Zustimmung gegeben haben, haben leider Fakten geschaffen, mit fatalen Folgen für die hier lebenden Menschen, die Kommunen und für den Standort Rhein-Main. Wir erwarten deshalb von ihnen, dass sie sich ihrer politischen Verantwortung für uns, ihre Wähler, bewusst werden und sich mit den negativen Konsequenzen des Ausbaus kritisch auseinandersetzen und endlich einmal energisch gegensteuern, um dem Expansionsdrang des Flughafens Grenzen zu setzen.

Gesetze zum Schutz der Bevölkerung sind Bestandteile unseres Rechtsstaates, dazu gehört auch die Sozial- und Umweltverträglichkeit.

Wir erwarten keine Gnade, wir beanspruchen nur unser Recht:

•  auf körperliche Unversehrtheit

•  auf Nachtruhe

•  auf Eigentum

•  auf Erholungsraum

•  auf eine lebenswerte Zukunft auch für die nachfolgenden Generationen

Was wir dringend benötigen sind:

•  breit angelegte Untersuchungen über die Folgen von Fluglärm und Schadstoffen auf Gesundheit und berufliche Leistungsfähigkeit mit objektiver Evaluierung der volkswirtschaftlichen Schäden. Durchgeführt von neutraler Seite

•  sowie ein objektives Gutachten über die negativen Effekte des Flughafenausbaus. Wie viel Flughafen verträgt die Region? Ab wann kippt das Ganze?

Von der Landesregierung fordern wir:

•  Das absolute Nachtflugverbot von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr als Einlösung des politischen Junktims „Kein Ausbau ohne Nachtflugverbot“.

•  Das Durchsetzen des gesetzlichen Lärmminimierungsgebotes. Verstärkte Anreize zum Einsatz von lärmarmen Flugzeugen und Flugverfahren. Enge Auslegung und konsequente Verfolgung von Verstößen gegen das Lärmminimierungsgebot.

•  Anreize zur Verlagerung des Kurzstreckenverkehrs auf die Bahn. •  Finanziellen Ausgleich für die Wertminderung unseres Eigentums.

•  Grenzen für den Expansionsdrang des Flughafens, kein weiterer Ausbau, Deckelung der Zahl der Flugbewegungen.

Wir fordern von der Politik endlich verstärkte Anstrengungen im Sinne der hier lebenden Menschen. Denn alle bisher getroffenen und geplanten Maßnahmen sind minimal und nicht ausreichend. Eine sofortige Übernahme der Kosten für Aufwendungen von passivem Schallschutz durch den Verursacher ist dringend geboten.

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr