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Ertrotzter Erfolg
Ein Kommentar

Viele Glücksmomente hat es für den Anti- Ausbau-Protest in den letzten Jahren nicht gegeben. Am 10. Mai gab es mal wieder einen. In einem denkwürdigen Auftritt, der einem Drehbuch der TV-Sendung "Richterin Barbara Salesch" entsprungen gewesen sein könnte, zog Fraport-Frontmann Horst Amann drei Strafanzeigen gegen die Aktivistin Franziska Wittig zurück. Dies vermutlich mit Einwilligung "nur in diesem besonderen Fall" von ganz oben.

Zum besonderen Fall wurde die Strafsache gegen die jetzt 29jährige Frau durch die Umstände. Franziska gilt als eine der konsequentesten  AusbaugegnerInnen. Als das Waldcamp umzäunt wurde, brach sie aus dem Zaunkäfig aus und besetzte zweimal Bäume. Trotz Platzverweis und Polizeibewachung brach sie anschließend wieder in das Lager ein. Als schließlich die Polizei kam ,ließ sie sich nicht am Boden einsammeln sondern verzögerte die Räumung durch eine Ankettaktion auf einem Baumhaus. Bei den Aktionen erarbeitete sie sich durch ihr geradliniges und freundliches  Auftreten Respekt oder sogar Sympathie bis in die Reihen der Polizei hinein.

Klar, dass solch ein Fall geballter Renitenz nicht wegen Ersttäterschaft oder mangelndem öffentlichen Interesse zur Einstellung kommt. Klar war aber auch, dass ein Prozess wegen Hausfriedensbruchs auf Antrag der Fraport ein enormes Politikum darstellt. Der erste Anlauf zu einer Hauptverhandlung am 18. Februar 2010 begann dann mit einer Saalräumung und endete mit einem Prozessabbruch.

Die heutige Verfahrenseinstellung ist nicht zuletzt der öffentlichen Auseinandersetzung um den Prozess gegen die Umweltaktivistin Cecile Lecomte zu verdanken. Das "Eichhörnchen" wurde zwar in Frankfurt verurteilt, bekam aber im März 2009 politische Kletterhilfe durch einen Beschluss des Kreistags von Groß Gerau, in dem die Fraport AG zur Rücknahme der Hausfriedensbruchsanzeigen aufgefordert wurde. In einer Stellungnahme vom 8.4. 2010 an den damaligen Landrat Enno Siehr antwortete die Rechtsabteilung der Fraport, man vertraue auf die Staatsanwaltschaft, welche das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung einzuschätzen wisse und über Einstellungen entscheide. Sprich: Man habe als Firma daran gar kein Privatinteresse.

Aber: " Soweit jedoch die Ermittlungsbehörden aufgrund ihrer gewonnenen Erkenntnisse zu der Auffassung gelangt sind, dass das öffentliche Interesse die weitere Strafverfolgung gebietet , sehen wir keinen Anlass, in den Lauf der Dinge einzugreifen, soweit uns dies mit einer Rücknahme der seinerzeit gestellten Strafanträge überhaupt möglich wäre."

Am 10. Mai sollte nun die Neuauflage des Verfahrens stattfinden.  Diesmal war alles vorbereitet um eine ordnungsgemäße Durchführung der Hauptverhandlung gegen alle Störversuche zu gewährleisten. Der Staat zeigte Flagge mit einem großen Polizeiaufgebot, selbst die Fahnenmasten wurden zur Verhinderung von Kletterversuchen demontiert. Richterin Andrea Besold war um den Job nicht zu beneiden. Franziska Wittig verteidigte sich offensiv. Zu dieser Art der Prozessführung gehört es das Heiligste der Justiz, die Unabhängigkeit des Richteramts, in Zweifel zu ziehen. Die Richterin sei befangen, weil sie Teil einer Ordnung wäre, die den schädlichen Flughafenausbau im eigenen Interesse durchgesetzt habe. Franziska machte klar, dass sie sich nicht mit den herrschenden Verhältnissen abfinden würde, weder bei den Aktionen noch vor dem Gericht, und nur von ihrer Haltung abließe, wenn man sie dazu zwänge. Mit zahlreichen Anträgen verzögerte sie den Beginn der Verhandlung.

Richterin Besold nahm die Angeklagte auf Augenhöhe ernst, dadurch konnte sie in den Rededuellen dann durchaus auch punkten, etwa als sie das Aufsteh-Ritual verteidigte :Es diene der Sammlung und der Konzentration auf das Wesentliche.
Deulich war aber auch, dass nicht nur im Gerichtssaal, sondern auch im Hinterzimmer verhandelt wurde.

Es hatte bereits aufhorchen lassen, dass das Gericht mit den Herren Amann und Vitzthum hochkarätige Fraport-Vertreter als Zeugen geladen hatte. Und vom Tisch Thomas Vitzthums stammte das Antwortschreiben der Fraport an den Kreistag, mit dem man sich seinerzeit als "guter, nicht nachtragender Nachbar" präsentierte.

Nun, Ankläger war die Staatsanwaltschaft, nicht die Fraport. Und die Justiz hatte den Prozess, mit dem der rechtlose Zustand vom Chaostag im Februar 2010 beendet werden sollte, sicher selbst gewollt. Eine Rücknahme der Strafanträge durch die Fraport könnte durchaus als deren Schwäche interpretiert werden. Aber jetzt musste die Fraport, wenn sie ihr Schreiben an den Kreistag ernst nahm, zur Wahrung des Rechtsfriedens "in den Lauf der Dinge eingreifen" wenn  das Gericht sie darum bäte. Dies ist natürlich nur Interpretation, könnte aber die elegante Abkürzung des Verfahrens gut erklären.

Mit dem Ergebnis können wohl alle leben. Aber die "vogelfreie" Umweltkämpferin Franziska Wittig hat dem Weltkonzern Fraport mehr abgetrotzt als ein o.k. zur Einstellung.  

Peter Illert

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