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16. Dezember 2013, Frankfurter Flughafen, Terminal 1

Dreiundachtzigste
Montagsdemonstration im Terminal
Die letzte Montagsdemo im Jahr 2013

Pfarrerin Silke Alves-Christe, Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde Frankfurt-Sachsenhausen

Liebe Mitstreiter und Mitstreiterinnen!

Ob mit Trommeln und Tröten oder mit Kerzen, wir kommen Montag für Montag hier zusammen, nicht, weil wir das wollen , sondern weil wir das müssen . Das sind wir nicht nur uns selbst schuldig, nicht nur unserer Familie, nicht nur unseren Nachbarn, die mit uns unter der Einflugschneise wohnen, denen, die die Hoffnung verloren haben und denen, die krank geworden sind. Das sind wir vor allem unserer Gesellschaft schuldig - einer Gesellschaft, die so rücksichtslos und gedankenlos mit Minderheiten umgeht, wie wir es Tag für Tag und Nacht für Nacht am eigenen Leib erleben müssen.

Zum dritten Mal müssen wir nun die Advents- und Weihnachtszeit unter dieser quälenden Überflugbelastung feiern. Schon im ersten Jahr fand ich gerade die Adventssonntage und die Weihnachtsfeiertage unter dem Dröhnen der Flugzeuge besonders schwer zu ertragen. 

Ich frage mich, wie die Verantwortlichen für diese fehlgeplante Landebahn, etwa Volker Bouffier oder Stefan Schulte oder Petra Roth und etliche andere, Weihnachten feiern können in der Haltung: „Hauptsache, ich habe eine Stille Nacht! Hauptsache, ich kann mit meiner Familie und meinen Freunden in aller Ruhe den Heiligen Abend verbringen! Hauptsache, ich kann am ersten und zweiten Weihnachtstag und zwischen den Jahren ausschlafen!“

Nein, wir stehen hier nicht nur für uns selbst. Wir stehen hier, weil unsere Gesellschaft Menschen braucht, die Fehlentwicklungen benennen und nicht locker lassen. 

Im Februar habe ich von den biblischen 10 Geboten gesprochen, grundlegende Lebensregeln für ein gutes, gerechtes Miteinander. Wenn die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft sie beherzigen würden, dann müßten wir und 100000 andere Menschen unter den Einflug- und Abflugschneisen nicht so leiden.

Heute möchte ich von den biblischen Propheten sprechen. Vielleicht haben Sie einige Namen in Erinnerung: Jeremia, Jesaja, Amos, Jona, Hosea und viele andere. Propheten - diesem Mißverständnismuß gleich gewehrt werden - das sind nicht Wahrsager oder Hellseher, die die Zukunft vorhersagen.Die biblischen Propheten waren Menschen, die die Gegenwart genau in den Blick nahmen, die mit scharfem Blick die Zeichen der Zeit wahrnahmen. Sie spürten deutlich gesellschaftliche Fehlentwicklungen und hatten dann auch den Mut, sich hinzustellen - öffentlich - und das zu sagen, was niemand hören wollte. Sie hatten den Mut, öffentlich zu kritisieren, wo Menschen mißachtet werden, wo Arme unterdrückt werden, wo das Recht mit Füßen getreten wird.Und sie mußten ertragen, daß sie nicht ernst genommen wurden, sie mußten erdulden, daß man sie lächerlich machte, daß man ihre Einschätzung für völlig überzogen odergänzlich unrealistisch hielt. Propheten waren und sind immer Menschen, die man nicht gern hört, die anecken und belächelt werden.

Aber unsere Gesellschaft braucht solche Menschen, die hinterfragen, was von allen als gegeben hingenommen wird, die sich nicht vorgaukeln lassen, es ginge um Arbeitsplätze für viele, wo es doch nur um noch mehr Profit für ganz wenige geht.Unsere Gesellschaft braucht Menschen, die sich nicht abspeisen lassen, wenn nach den Koalitionsverhandlungen nichts mehr übrig ist von den Versprechungen vor der Wahl.

Wir sind zu den Montagsdemonstrationen gekommen aus persönlicher Betroffenheit und haben in den zwei Jahren und zwei Monaten seit dem 21. Oktober 2011 für uns persönlich noch so gut wie nichts erreicht, aber uns ist deutlich geworden, daß es um mehr geht als um unseren persönlichen Schlaf, um unseren eigenen Garten oder Balkon. Wir haben viele Menschen wachgerüttelt für ein Thema, das unsere Generation bisher sträflich vernachlässigt hat, obwohl– wie schon oft zitiert –der Medizinnobelpreisträger Robert Koch es bereits1910 vorhergesagt hat: „Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen wie die Pest und die Cholera.“

Ja, wir kämpfen unerbittlich und werden auch im dritten Jahr nach Eröffnung der neuen Landebahn nicht nachlassen. Denn uns ist immer deutlicher geworden, daß den Wirtschaftsbossen, die hier ein Riesen-Einkaufs-Paradies für Umsteiger bauen, die Gesundheitsgefährdung der Anwohner durch Lärm und Schadstoffe völlig egal ist.

Wir haben bei den bisher 83Montagsdemonstrationen einen klareren Durchblick gewonnen für das, was schief läuft in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und sprechen das immer wieder aus.

Wir sehen unverkennbar die Gefährdung demokratischer Strukturen durch eine Ideologie, eine Ideologie des Wachstums, des grenzenlosen, des rücksichtslosen Wachstums.

Im Zusammenhang des Frankfurter Flughafens heißt Wachstum doch nichts anderes als einen Baum nach dem anderen zu fällen, als einen Wald nach dem anderen zu betonieren, als eine Stadt, eine Region nach der anderen zu verlärmen und damit in ihrem Leben einzuschränken, in ihrer Entwicklung zu hemmen.

Was für ein seltsames Verständnis von Wachstum!

Mein Weihnachtswunsch an die dem Wachstumswahn verfallene Fraport ist, daß sie nicht weiter wächst in Quadratmetern zubetonierter Fläche, sondern daß Fraport über sich selbst hinauswächst in puncto Rücksichtnahme, Menschlichkeit und fairer Nachbarschaft.

Mein Weihnachtswunsch an diewachstumsbesessenen, erfolgsverliebten Politiker ist, daß sie über sich selbst hinauswachsen in puncto Wahrhaftigkeit und Solidarität und endlich ihre Verantwortung wahrnehmen für die Menschen unter der Einflugschneise.

Aber mein größter Wunsch ist, daß die, die ständig von Wachstum reden, auch endlich einmal Größe zeigen, wahre Größe, die Größe nämlich, die nötig wäre, um die Fehlplanung einer raumunverträglichen Landebahn als Fehler zu erkennen, einzugestehen und rückgängig zu machen, damit alle Menschen in der Rhein-Main-Region wieder in Frieden Weihnachten feiern können.

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Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr