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23. Juni 2014, Frankfurter Flughafen, Terminal 1
Einhundertvierte Montagsdemonstration

Hans Schinke, Offenbach


Werte Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

mein Thema heute Abend lautet „Dichtung und ‚Wahrheit“. Es geht aber hier nicht um die Lebenserinnerungen von Frankfurts berühmtestem Bub, sondern wieder einmal um die angeblich zusätzlichen Jobs, mit denen die Wähler durch eine gezielte Öffentlichkeitskampagne getäuscht und die Flughafenerweiterung im Hessischen Landtag politisch legitimiert wurde.

•  Kapitel Hessen Champions“

Hessen Champions ist ein Wettbewerb der Hessischen Landesregierung. Ausgezeichnet werden jährlich Unternehmen, die im Verhältnis zu ihrer Größe neue Arbeitsplätze schaffen. Gehört die Fraport AG regelmäßig zu den Hessen Champions? Nein, gehört sie nicht! Kein einziges Mal in den letzten acht Jahren taucht sie im Ranking auf. Nur einmal, im Jahre 2005, belegt sie den zweiten Platz. Wie kann das sein bei einem Unternehmen, das angeblich zu den Jobmotoren erster Ordnung in der Region gehört? Die Antwort ist ganz einfach: Wenn die Fraport AG über die Medien herausposaunt, sie habe 200 neue Jobs geschaffen, dann macht das in der Öffentlichkeit einen gewaltigen Eindruck. 200 neue Jobs sind aber bezogen auf 20.000 Leute im Konzern gerade einmal 1%. Wenn aber ein unbekannter Mittelständler mit 200 Mann zusätzlich 20 Leute einstellt, dann sind dies 10 % seiner Belegschaft. Dieses Unternehmen kann Hessen Champion werden, steht aber in keiner Zeitung und wird damit von uns Lesern nicht wahrgenommen. Was lernen wir daraus? Neue Jobs entstehen in Hessen vor allem in den unzähligen ungenannten und daher unbekannten kleinen und mittleren, Betrieben, die es nicht bis in die Schlagzeilen der Medien schaffen. Dass die Fraport AG bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze angeblich die Pole-Position einnimmt und daher regelmäßig Hessen Champion wird, das, werte Mitstreiterinnen und Mitstreiter, gehört in das Ressort Dichtung der mächtigen und einflussreichen Fraport Öffentlichkeitsabteilung. Das ist die Wahrheit!

•  Kapitel „Politische Steigbügelhalter“

Wir alle, die wir hier stehen, wissen, dass beim Flughafen Frankfurt politische und wirtschaftliche Interessen auf engste miteinander verflochten sind und der weitere Ausbau ohne die massive Schützenhilfe von CDU und FDP nicht möglich gewesen wäre. In den vergangenen drei Jahren haben wir hier immer wieder skandiert „Bouffier muss weg!“. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass hinter Bouffier ein mächtiges Netzwerk aus Abgeordneten und Ministerialbürokratie steht, das für ihn die politische Drecksarbeit erledigt. Einer dieser grauen Eminenzen ist Dr. Walter Arnold, Landtagsabgeordneter aus Fulda seit 2009, von 2004 – 2009 Staatssekretär im Hessischen Finanzministerium, stellv. Vors. der CDU-Landtagsfraktion und ihr wirtschaftspolitischer Sprecher. Er ist nicht nur bekennender Katholik, sondern auch ein ebenso bekennender Befürworter des Flughafenausbaus. In der denkwürdigen 4. Sitzung des Hessischen Landtags am 04. März 2009 hat er als Angeordneter zu dem gemeinsamen Antrag von CDU und FDP „Jobmotor Flughafen Frankfurt am Main – Ausbau und zehntausende Arbeitsplätze kommen“ u. a. angekündigt: „Laut den geltenden Prognosen von Experten werden hier 40.000 Arbeitsplätze auf direktem Weg und weitere 60.000 Arbeitsplätze indirekt entstehen.“

In der anschließenden Pressekonferenz mit dem FDP-Abgeordneten Jürgen Lenders legt Dr. Arnold dann noch mal 40.000 Jobs locker oben drauf und verkündet: „Im Ausbauszenario für das Jahr 2015 werden etwa 40.000 direkte und rund 100.000 mittelbare Arbeitsplätze prognostiziert.“ Zwei Tage nach dem CDU-Landesparteitag in Offenbach am 06. Juli 2013 habe ich Dr. Arnold schriftlich gebeten, er solle mir doch bitte mal erläutern, wie er zu diesen Zahlen gekommen ist. Dieser Mann kann mir trotz mehrfacher Zusagen seit über einem Jahr meine einfachsten Fragen nicht beantworten, obwohl er zu den maßgeblichen Drahtziehern des Flughafenausbaus gehört. Wenn ich als Personalprokurist in einem großen Energieversorgungsunternehmen meinem damaligen Vorstand derart schlampig recherchierte Planzahlen als Grundlage unternehmerischer Entscheidungen vorgelegt hätte, wäre ich auf der Stelle entlassen worden. Wenn aber ein CDU-Abgeordneter im Hessischen Landtag mit erfundenen Prognosezahlen operiert, dann steigt er auf zum wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion. Das ist die Wahrheit!

An dieser Stelle müssen wir uns eines bewusst machen. Den politischen Befürwortern des Flughafenausbaus war es eigentlich immer völlig egal, ob die von ihnen in der Öffentlichkeit lancierten Zahlen richtig oder falsch waren. Sie interessierte nur eine einzige Frage: „Mit welchen Jobzahlen läßt sich die Flughafenerweiterung zustimmungsfähig machen?“ Dass die hessische CDU mit der FDP im Schlepptau die profitorientierten, raumunverträglichen, image- und gesundheitsschädigenden Ausbaupläne eines privaten Großunternehmens im Landtag mit einer massiven Täuschung der Wähler durchgedrückt hat, das ist der eigentliche politische Skandal!

•  Kapitel „Die Kristallkugel des Dr. Stefan Schulte“

Im März 2011 klopft der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit an der Tür von Dr. Schulte. Er braucht eine Beschäftigungsprognose für 2015. Dr. Schulte zieht eine Kristallkugel aus seiner Schublade und nennt ihm eine Zahl. Am nächsten Tag steht in der März-Ausgabe 2011 von STARTfrei extra „Anno 2015 werden dank der dann vorhandenen Kapazität rund 95.000 Beschäftigte am Flughafen arbeiten.“ Das ist die Aussage eines Managers, meine Damen und Herren, für den nur Fakten zählen und nicht Träumereien wie die Stilllegung der neuen Landebahn. 95.000 Jobs in 2015 ist eine Zahl wie in Stein gemeißelt, ohne Wenn und Aber.
Wie aber sieht heute die Wirklichkeit nach drei Jahren aus? Jedes Jahr im März des Folgejahres meldet die Fraport AG stolz neue Beschäftigungsrekorde am Flughafen: 71.000 Jobs Ende 2010, 75.000 Ende 2011 und 78.000 Ende 2012. Im März 2014 bleibt die Meldung des Beschäftigungsrekords für 2013 aber plötzlich ohne jede Erklärung aus. Was war passiert? In der Bilanzpressekonferenz am 07. März 2014 musste Fraportchef Schulte einräumen, dass die Zahl der Jobs am Flughafen in 2013 unverändert bei 78.000 stagniert. Um diesen Sachverhalt in der Öffentlichkeit zu verschleiern, platzierte die Fraport AG flugs Mitte März eine von ihr in Auftrag gegebene Studie des Schweizer Beratungsunternehmens INFRAS in den Medien mit der Kernaussage, dass der Frankfurter Flughafen 116.000 Jobs in der Region sichere. Mit seiner als Gewissheit ausgegebenen Prognose hat Fraportchef Schulte eine krachende Bauchlandung hingelegt und sich bis auf die Knochen blamiert. Denn für jedermann ist jetzt klar, dass am Flughafen in diesem und im kommenden Jahr nicht zusätzliche 17.000 Jobs entstehen werden, um Ende 2015 auf die prognostizierten 95.000 Arbeitsplätze zu kommen. Aber auch hier gilt, dass die Fraport AG Jobprognosen nicht danach beurteilt, ob sie richtig oder falsch sind, sondern nur danach, ob sie zweckdienlich sind oder nicht. Und dieser Zweck besteht überwiegend darin, uns, die Politik und nicht zuletzt die Medien zu täuschen, zu beruhigen und alle drei dazu zu bringen, dem weiteren Flughafenausbau zuzustimmen.

Ich komme zur Zusammenfassung von „Dichtung und Wahrheit“

•  Die Fraport AG gehört bei der Schaffung neuer Jobs seit Jahren nicht zu den Hessen-Champions.

•  Die politischen Drahtzieher des Flughafensausbaus sind nicht in der Lage, ihr Zahlengestrüpp, in dem sie sich heillos verheddert haben, für Außenstehende transparent zu machen.

•  „Anno 2015 werden dank der dann vorhandenen Kapazität rund 95.000 Beschäftigte am Flughafen arbeiten.“. Diese von Fraportchef Schulte in 2011 in Stein gemeißelte Zahl hat sich bereits drei Jahre später als reines Wunschdenken herausgestellt. Die Flughafenerweiterung lässt sich damit nicht länger mit einem massiven Zuwachs an Jobs rechtfertigen.

•  Aus der Dichtung, der Frankfurter Flughafen sei die größte lokale Arbeitsstätte Deutschlands, wird auch durch ständige Wiederholung in Politik und Medien keine Wahrheit. 2010 betrug die Zahl der Arbeitsplätze direkt im Hamburger Hafen 133.500, immerhin das 1,7-Fache von Frankfurt. In 2012 hatte die Berliner Senatsverwaltung als größte lokale Arbeitsstätte in Berlin umgerechnet 105.305 Vollzeitbeschäftigte. Das ist immer noch das 1,35-Fache von Frankfurt.

•  Die Fraport AG nimmt beim aktiven und passiven Lärmschutz nicht, wie von Herrn Dr. Schulte zuletzt in seiner Pressekonferenz am 17. Mai 2014 behauptet, international eine Pole-Position ein. Die größte Lärmstätte Deutschlands kann den Bürgern in der Region auf Anfrage derzeit ja noch nicht einmal mitteilen, wann es wieder leiser wird. Das kann auch gar nicht funktionieren, denn das Fraport-Motto lautet ja bekanntlich „Fraport – Krach aus Leidenschaft“, oder heißt es „Fraport – Krach, der Leiden schafft?“

•  Gleichfalls am 17. Mai versteigt sich der Fraportchef sogar zu der Behauptung: „Der Flughafen Frankfurt ist für den Wirtschaftsstandort Deutschland systemrelevant.“ Herrn Dr. Schulte sei ins Stammbuch geschrieben: Nach der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 sind nur wir Bürger systemrelevant und nicht die Fraport AG. Deshalb erheben wir unsere Stimme. Deshalb zeigen wir hier jeden Montag Flagge. Und deshalb geben wir keine Ruhe, bis es wieder leiser wird und unser schönes Rhein-/Hessenland wieder das wird, was wir uns alle wünschen: eine prosperierende und gleichzeitig liebens- und lebenswerte Region.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr