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02. März 2015, Frankfurter Flughafen, Terminal 1

Einhundertneunundzwanzigste Montagsdemo


Berthold Fuld (Bad Homburg)

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

mein Name ist Berthold Fuld, und heute spreche ich zu Ihnen als Aktionär der Fraport AG. Und ich tue nicht nur so, sondern bin auch einer – und zwar einer, der sich mit der Geschäftsentwicklung auseinandersetzt, regelmäßig die Hauptversammlungen besucht und dort kritische Fragen stellt. Und für meine Fragen werde ich keineswegs ausgebuht, sondern beklatscht. Meine heutige Rede baut auch auf meinem Beitrag auf der letztjährigen Hauptversammlung auf. Die mithörenden Fraport-Mitarbeiter werden sicher notieren, was ich hier heute vor allem zur Frage, ob sich Terminal 3 auch für die Aktionäre lohnt, sage. Sie können sich ja schon einmal darauf einstellen, dass ich manches auch auf der Hauptversammlung ansprechen werde.

Aufgreifen möchte ich zunächst die Aussage im schwarz-grünen Koalitionsvertrag zum Frankfurter Flughafen „ Deshalb wollen die Koalitionspartner, dass er auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt.“ Dies impliziert, dass er derzeit wettbewerbsfähig ist. Ist er aber überhaupt noch wettbewerbsfähig?

Wikipedia führt zum Stichwort „Wettbewerbsfähigkeit“ aus: „Wettbewerbsfähigkeit bedeutet in der Betriebswirtschaftslehre, dass Unternehmen an den für sie relevanten nationalen oder internationalen Märkten ihre Waren- bzw. Dienstleistungsangebot mit Gewinn absetzen können“ und „Ein Unternehmen gilt dann als preiswettbewerbsfähig, wenn es seine Produkte bzw. Artikel auf Märkten zu Preisen absetzen kann, die die entstehenden Kosten decken und in der Ergebnisrechnung eine angemessene Rendite auf das eingesetzte Kapital erbringen.“ Da steht nichts davon, dass man wachsen muss oder das Wachstum ein Indikator für Wettbewerbsfähigkeit ist. Stichwort „Angemessene Rendite auf das eingesetzte Kapital“. Dem Geschäftsbericht 2013 – 2014 liegt ja erst in einigen Tagen vor - kann man entnehmen, dass Fraport bei der Kenngröße ROFRA – Return on Fraport assets - ein Ergebnis von 9,5% anstrebt. Für den Konzern wurde dieser Wert gerade eben erreicht. Bei einer Betrachtung der drei Geschäftsbereiche, die für die Aktivitäten am Standort Frankfurt stehen – Aviation, Ground Handling und Retail& Real Estate - ergibt sich allerdings ein Wert von nur 7,8% - deutlich unter der Zielgröße. Eine angemessene Rendite auf das eingesetzte Kapital erbringt der Frankfurter Flughafen also nicht; die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit kann damit nicht uneingeschränkt bejaht werden.

Dabei sind 9,5% nicht gerade ein herausforderndes Ziel. Es genügt ein Blick in den Geschäftsbericht der Fraport, um festzustellen, dass andere Flughäfen deutlich besser dastehen – der Bereich External Activities hat 2013 ein ROFRA von 14% erwirtschaftet.

Das Bild eines wettbewerbsfähigen Flughafens bekommt weitere Risse, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Personalausgaben je Kopf seit 2000 real um ca. 20% gesunken sind. Anders als z.B. der Flughafen Istanbul ist der Frankfurter Flughafen auf Subventionen angewiesen der Regionalfonds wird überwiegend vom Steuerzahler getragen, und auch der Verzicht auf eine angemessene Rendite ist eine Form der Subvention.

Besonders unbefriedigend ist die Entwicklung im Bereich Ground Handling; der Ertrag vor Zins und Steuern war negativ, die Gesellschaft hat mit Lohnsenkungen reagiert. Anders als im Bereich Aviation kann hier die schlechte Ertragssituation nicht durch die Kosten des Ausbaus gerechtfertigt werden. Der Wettbewerber Acciona erzielte 2012 übrigens einen deutlich höheren Pro-Kopf-Umsatz.

Der Wertbeitrag des Geschäftsbereichs Aviation ist negativ. Der Konsultationspräsentation für die Entgelte 2014, die im Internet abrufbar ist – für 2015 leider nicht verfügbar - , kann man entnehmen, dass die Gesellschaft die umlegbaren Kosten nicht in vollem Umfang umlegt, sondern auf ca. 100 Mio. € Ertrag verzichtet. Warum setzt die Gesellschaft nicht die Entgelte durch, die rechtmäßig möglich sind? Dies gilt insbesondere für den Frachtbereich, wo es keinen Ausgleich von Verlusten durch Gewinne des Immobilienbereichs gibt.

Auch Bankanalysten haben Zweifel. Im vergangenen Jahr haben beispielsweise die Analysten von HSBC ihre Empfehlung für Fraport von Neutral auf Untergewichten gesenkt. „Wir sind skeptisch bezüglich der langfristigen Wachstumserwartungen, verglichen mit Wettbewerbern. Die Nachfrage nach Direktflügen nach Frankfurt ist beschränkt, und als Drehkreuz für den Lufthansa-Konzern steht Frankfurt im Wettbewerb mit München, Wien und Zürich.“

Trotz der unbefriedigenden Ertragslage und den unsicheren Aussichten treibt die Gesellschaft den Bau von Terminal 3 voran. Zur Rechtfertigung wedelt sie mit Intraplan-Prognosen und behauptet, dass die vorhandenen Terminals bald ausgelastet sein würden. Eine schlüssige Erklärung für die gravierenden Abweichungen zwischen deren Prognose von 2004 und der tatsächlichen Verkehrsentwicklung – vorausgesagt wurden fürs laufende Jahr über 80 Mio. Passagiere - hat die Fraport jedoch bis heute nicht geliefert. Auch die neueste Prognose ist bereits nach einem Vierteljahr Makulatur – Passagier- und Bewegungszahlen bleiben hinter der Prognose zurück. Und ganz nebenbei bemerkt: Auch das Bundesverkehrsministerium zweifelt mittlerweile Intraplan-Prognosen an.

Es stellt sich auch die Frage, woher zusätzlicher Verkehr zur Auslastung von Terminal 3 herkommen soll. Die Lufthansa hat in letzter Zeit nur Aufträge für neue Flugzeuge erteilt, mit der sie im Wesentlichen alte Flugzeuge ersetzen kann; ein Anstieg der Bewegungszahlen in den nächsten Jahren ist somit nicht absehbar.

Schulte hat eingeräumt, dass Intraplan reine Nachfrageprognosen erarbeitet und die absehbare Angebotsentwicklung nicht berücksichtigt. Dabei gehört zu einer professionellen Prognose, dass man alle relevanten verfügbaren Information nutzt. Informationen über Flotten- und Auftragsbestände der Fluggesellschaften sind im Internet für jedermann einfach verfügbar. Die Frage steht im Raum, wo eigentlich die vielen neuen Flugzeuge eingesetzt werden sollen, insbesondere die 900 von europäischen Billigfluggesellschaften bestellten, die 500 Langstreckenmaschinen von Golf-Airlines, die 200 Flieger von Turkish Airlines und die 800 noch nicht ausgelieferten kleineren B787. Viele davon sicherlich, um Angebote – auch Direktflugangebote – an Frankfurt vorbei einzurichten. Turkish Airlines fängt ja schon an, Milchkannen , die auch Lufthansa bedient, mit Istanbul zu verbinden - – Friedrichshafen, Münster-Osnabrück, Graz, bald vielleicht auch Kassel.

Es ist fraglich, ob die Abfertigungskapazität tatsächlich bald ausgelastet sind. Terminal 2 macht oft einen sehr leeren Eindruck. Und Terminal 1 wird seit der Eröffnung der neuen Landebahn im Tagesverlauf sehr ungleichmäßig ausgelastet; allein durch eine Vergleichmäßigung könnte man womöglich 40% mehr Passagiere abfertigen. Terminal 3 soll besonders attraktiv werden; allerdings wird die Anbindung an den öffentlichen Personenverkehr zu wünschen übrig lassen. Will Lufthansa Terminal 3 beziehen? Oder will Lufthansa nicht unbeliebte Wettbewerber dorthin abschieben? Gibt es schon verbindliche Erklärungen von Fluggesellschaften, Terminal 3 nutzen zu wollen?

Lange Zeit wurde der Aufwand für Terminal 3 kleingeredet. Vor 2 Jahren wurde ein Betrag von 1,2 Mrd. € genannt; mittlerweile ist man bei 2,5 – 3 Mrd. € angelangt, eine Schätzung, die ich seit Jahren vorgetragen habe. 3 Mrd. € - da muss man als Ergebnis vor Zinsen und Steuern fast 300 Mio. € jährlich mehr erwirtschaften, um den Zielwert der ROFRA zu erreichen. Etwa so viel, wie Fraport ohne die externen Aktivitäten 2013 erzielt hat. Und das mit nur 15 Millionen Passagieren mehr – wie soll das denn gehen?

Schulte nimmt die Ergebnisse der Prognosen als Botschaft auf, dass eine Kapazitätserhöhung geboten sei. Aber kann man sie nicht auch so interpretieren, dass man die Preise und damit den Gewinn unter Inkaufnahme geringerer Menge erhöhen kann? Und wenn Terminal 3 steht: Wird man nicht gezwungen sein, durch Rabattprogramme die Nachfrage künstlich zu stimulieren? Um die Anbindung der Region an die Welt sicherzustellen braucht man jedenfalls kein Terminal 3; es dient allein der Ausweitung des Umsteigeverkehrs.

Als Aktionär interessiert mich weniger als der Absolutwert des Gewinns die Rendite, insbesondere die Eigenkapitalrendite. Schulte musste einräumen, dass diese bei Realisierung von Terminal 3 „zunächst“ sinken werde. Aber wann wird die Investition in Terminal 3 sich auch für die Aktionäre gelohnt haben? Da plant die Gesellschaft eine Investition in Größenordnung des Eigenkapitals. Normal wäre, dass der Vorstand versucht, uns Aktionären diese Investition durch Aussicht auf höhere Gewinne schmackhaft zu machen. Und dies auch durch Ergebnisse vergleichender Szenariorechnungen belegt. Fraport handelt hier anormal und konterkariert damit das Bild eines gewinnorientierten Unternehmens.

Verdrängt wird auch, dass der Planfeststellungsbeschluss noch nicht rechtskräftig ist, ein Risiko, dass er aufgehoben wird, also sehr wohl besteht. Es kann noch etliche Jahre dauern bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung – die nachgelagerten Verfahren sind noch nicht einmal in erster Instanz abgeschlossen. Momentan könnte die Fraport eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses verkraften, nach Fertigstellung von Terminal 3 droht dann jedoch der Konkurs.

Ich nehme Fraport nicht als profitorientiertes Unternehmen wahr. Von zentraler Bedeutung ist vielmehr das Anliegen der Mehrheitseigentümer Land Hessen und Stadt Frankfurt, um jeden Preis Arbeitsplätze zu schaffen. Dass sie damit ihre Treuepflichten gegenüber den außenstehenden Aktionären verletzen, schert sie nicht. Genauso wenig schert es sie, dass Menschen durch Fluglärm krank werden, Kinder schlechter lernen und viele ein Sonderopfer zu Gunsten des Flughafens erbringen müssen. Die Fraport steht am Scheideweg: Will sie weiterhin auf ertragloses Wachstum setzen, oder will sie sich zur Ertragsperle entwickeln, die nicht nur die unvermeidbaren Belastungen ausgleicht, sondern deren Dividendenzahlungen den Hessen zusätzlichem Wohlstand verschafft?

Als Aktionär sage ich derzeit jedenfalls klar und deutlich „Kein weiterer Ausbau, kein Terminal 3“. Was die Zahl der Flugbewegungen angeht: Das Gewinnmaximum liegt wohl eher bei 380000 als bei 500000 Flugbewegungen jährlich; weniger Flugbewegungen korrespondieren mit höheren Preisen, bei Fracht und Umsteigepassagieren sind diese ohne Nachteile für die Nutzer aus der Region durchsetzbar.

Als Aktionär tue ich mich im Moment schwer, ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr zu fordern. Bei einer eigentlich gebotenen Verbesserung des Nachtschutzes sähe das allerdings anders aus. Dann könnte Fraport bei einem Nachtflugverbot viel Geld für ansonsten notwendigen Schallschutz sparen

Bei weniger Flugbewegungen stellt sich auch die Frage, ob sich der Weiterbetrieb der Nordbahn überhaupt lohnt; ich erinnere daran, dass vor Jahrzehnten die Höchst AG eine nagelneue Anlage zur Erzeugung von schwerem Wasserstoff stillgelegt hat, weil sich der Betrieb nicht lohnte. Die Bahn muss weg.


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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr