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Fraport Hauptversammlung, 29 Mai 2015, Jahrhunderthalle Hoechst

Dr. Berthold Fuld (Bad Homburg)


Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Berthold Fuld, ich bin Aktionär der Fraport AG. Und zwar ein unzufriedener. Unzufrieden, weil die Rendite vor allem des Frankfurter Flughafens nicht stimmt.

Sie geben selbst als Kriterium, ob ein Geschäftsbereich wertschaffend oder nicht ist, ein ROFRA von 9,5%, ab 2015 von 8,6% an. Sie haben also die Messlatte abgesenkt. Für den Konzern wurde der bisher gültige Wert knapp verfehlt. Bei einer Betrachtung Ihrer drei Geschäftsbereiche, die für die Aktivitäten am Standort Frankfurt stehen – Aviation, Ground Handling und Retail& Real Estate - ergibt sich allerdings ein Wert von nur 7,8% - deutlich unter der Zielgröße. Eine angemessene Rendite auf das eingesetzte Kapital erbringt der Frankfurter Flughafen also nicht.

Dabei sind 9,5% nicht gerade ein herausforderndes Ziel. Es genügt ein Blick in Ihren Geschäftsbericht, um festzustellen, dass andere Flughäfen deutlich besser dastehen – Ihr Bereich External Activities hat 2014 ein ROFRA von 14,4% erwirtschaftet.

Das Bild eines profitablen Flughafens bekommt weitere Risse, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Personalausgaben je Kopf seit 2000 real um ca. 20% gesunken sind. Anders als z.B. der Flughafen Istanbul ist der Frankfurter Flughafen auf Subventionen angewiesen - der Regionalfonds wird überwiegend vom Steuerzahler getragen, und auch der Verzicht auf eine angemessene Rendite ist eine Form der Subvention.

Besonders unbefriedigend ist die Entwicklung im Bereich Ground Handling; der Ertrag vor Zins und Steuern war nur knapp positiv. Anders als im Bereich Aviation kann hier die schlechte Ertragssituation nicht durch die Kosten des Ausbaus gerechtfertigt werden. Der Wettbewerber Acciona erzielte 2013 übrigens einen deutlich höheren Pro-Kopf-Umsatz. Wie hoch sind eigentlich Umsatz pro Kopf und Personalausgaben je Kopf in den Bereichen, in denen Fraport im Wettbewerb mit Acciona steht?

Der Wertbeitrag des Geschäftsbereichs Aviation ist negativ. Der Konsultationspräsentation für die Entgelte 2014, die im Internet abrufbar ist – für 2015 leider nicht verfügbar - , kann man entnehmen, dass die Gesellschaft die umlegbaren Kosten nicht in vollem Umfang umlegt, sondern auf ca. 100 Mio. € Ertrag verzichtet. Warum setzt die Gesellschaft nicht die Entgelte durch, die rechtmäßig möglich sind? Dies gilt insbesondere für den Frachtbereich, wo es keinen Ausgleich von Verlusten durch Gewinne des Immobilienbereichs gibt.

Auch Bankanalysten haben Zweifel. Im vergangenen Jahr haben beispielsweise die Analysten von HSBC ihre Empfehlung für Fraport von Neutral auf Untergewichten gesenkt. „Wir sind skeptisch bezüglich der langfristigen Wachstumserwartungen, verglichen mit Wettbewerbern. Die Nachfrage nach Direktflügen nach Frankfurt ist beschränkt, und als Drehkreuz für den Lufthansa-Konzern steht Frankfurt im Wettbewerb mit München, Wien und Zürich.“

Trotz der unbefriedigenden Ertragslage und den unsicheren Aussichten treiben Sie den Bau von Terminal 3 voran. Zur Rechtfertigung wedeln Sie mit Intraplan-Prognosen und behauptet, dass die vorhandenen Terminals bald ausgelastet sein würden. Eine schlüssige Erklärung für die gravierenden Abweichungen zwischen deren Prognose von 2004 und der tatsächlichen Verkehrsentwicklung – vorausgesagt wurden fürs laufende Jahr über 80 Mio. Passagiere – haben Sie die jedoch bis heute nicht geliefert. In der Begutachtung der Prognosen wurde die fehlende Kalibrierung moniert – hat man dies mittlerweile nachgeholt?

Herr Dr. Schulte, im letzten Jahr haben Sie eingeräumt, dass Intraplan reine Nachfrageprognosen erarbeitet und die absehbare Angebotsentwicklung nicht berücksichtigt. Dabei gehört zu einer professionellen Prognose, dass man alle relevanten verfügbaren Information nutzt. Informationen über Flotten- und Auftragsbestände der Fluggesellschaften sind im Internet für jedermann einfach verfügbar. Zwar haben Sie Istanbul und Dubai als sich entwickelnde Drehkreuze berücksichtigt – aber was ist mit Doha, Abu Dhabi, Addis Adeba, Helsinki und Moskau? Die Frage steht im Raum, wo eigentlich die vielen neuen Flugzeuge eingesetzt werden sollen, insbesondere die 900 von europäischen Billigfluggesellschaften bestellten, die 500 Langstreckenmaschinen von Golf-Airlines, die 200 Flieger von Turkish Airlines und die 800 noch nicht ausgelieferten kleineren B787. Viele davon sicherlich, um Angebote – auch Direktflugangebote – an Frankfurt vorbei einzurichten. Turkish Airlines fängt ja schon an, Milchkannen , die auch Lufthansa bedient, mit Istanbul zu verbinden - – Friedrichshafen, Münster-Osnabrück, Graz, bald vielleicht auch Kassel.

Sie nehmen die Ergebnisse der Prognosen als Botschaft auf, dass eine Kapazitätserhöhung geboten sei. Aber kann man sie nicht auch so interpretieren, dass Sie die Preise und damit den Gewinn unter Inkaufnahme geringerer Mengen erhöhen könnten? Und wenn Terminal 3 steht: Werden Sie nicht gezwungen sein, durch Rabattprogramme die Nachfrage künstlich zu stimulieren? Um die Anbindung der Region an die Welt sicherzustellen, braucht man jedenfalls kein Terminal 3; es dient allein der Ausweitung des Umsteigeverkehrs.

Sie behaupten, dass die vorhandenen Terminalkapazitäten mit 64 Mio. Passagieren ausgelastet wären. Aber für 2021 – dem letzten Jahr vor Eröffnung von Terminal 3 – sind 72,4 Mio. prognostiziert. Wie wollen Sie die abfertigen? Warum bauen Sie nicht schneller? Berlin wäre ohne die bekannten Mängel in gut vier Jahren Bauzeit fertiggestellt worden.

Lange Zeit haben Sie den Aufwand für Terminal 3 kleingeredet. Vor 2 Jahren haben Sie einen Betrag von 1,2 Mrd. € genannt; mittlerweile ist man bei 2,5 – 3 Mrd. € angelangt, eine Schätzung, die ich seit Jahren – wann erstmalig? - vorgetragen habe. 3 Mrd. € - da müssen Sie als Ergebnis vor Zinsen und Steuern und Abschreibung rund 190 Mio. € jährlich mehr erwirtschaften, um den Zielwert der ROFRA von 8,6% zu erreichen. Selbst bei Vollauslastung – 14 Mio. Passagiere – bedeutet das ein zu erwirtschaftendes EBITDA von 13,50 € pro Passagier – da tut sich zu den aktuell erwirtschaftenden 10,71 € doch eine beachtliche Lücke auf. Und enthält dieser Betrag überhaupt alle Aufwendungen? Skytrain, Gepäcktunnel, Ausbau des Tunnels unter der Startbahn West, Planungskosten, eigene Kosten der Baubetreuung?

Da Sie meine Fragen zur Ertragsentwicklung in den letzten Jahren nie substanziiert beantwortet haben, habe ich jetzt einmal meinen Computer angeworfen und eine Modellrechnung zur Rentabilität von Terminal 3 durchgeführt. Über 50 Jahre. Zunächst unter der Annahme Intraplan-Prognose, 2% Inflation, konstante EBITDA-Marge. Ergebnis: Über die Nutzungsdauer eine Gesamtkapitalrendite von 6,8%, deutlich unter Ihrer Zielgröße von 8,6%. Und wenn es gar nicht mal so dumm läuft – Wachstum 1,5% wie im Durchschnitt der letzten 5 Jahre, Baukosten 4 Mrd. € statt 3 Mrd., Preisanreize von 8% Rabatt wie derzeit bis zur Vollauslastung – kommt man ziemlich schnell zu einem Punkt, wo die Rendite über die gesamte Nutzungsdauer hinweg betrachtet negativ wird. Das Rechenblatt können Sie übrigens bei www.flughafen-bi.de abrufen. Herr Schulte, Sie verwalten treuhänderisch das Geld der außenstehenden Aktionäre! Sie dürfen das nicht für Investitionen verschleudern, die nicht wertschaffend sind.

Die aktuell 8% Rabatt ergeben sich übrigens aus den 100 Mio. €, die Sie im Bereich Aviation nicht auf die Nutzer umlegen, und dem Unterschied zwischen Pro-Kopf-Umsatz Ihres Bereichs Ground Handling zu dem Pro-Kopf-Umsatz von Acciona, multipliziert mit der Mitarbeiterzahl; 8% beziehen sich auf den gesamten Umsatz der 3 „Frankfurter“ Geschäftsbereiche.

Ferner sind mir Ungereimtheiten in der Bilanzierung Ihrer Forderungen gegenüber verbundener Unternehmen aufgefallen. Es erstaunt doch etwas, dass ausgerechnet unter einem Aufsichtsratsvorsitzenden, dem aus seinem Heimatkreis, dem Rheingau-Taunus-Kreis, die Problematik von Fremdwährungskrediten bekannt sein müsste, die Gesellschaft in erheblichem Umfang Fremdwährungskredite aufgenommen hat. Dies bezieht sich nicht nur Schweizer-Franken-Kredite der Gesellschaft, sondern auch auf Euro und US-Dollar-Kredite, mit denen das Terminal in St. Petersburg finanziert wurde. Die hier investierende Gesellschaft Northern Capital Gateway bilanziert in Rubel und weist aufgrund des Rubelverfalls, durch den der Buchwert der Kredite stark anstieg, ein stark negatives Eigenkapital auf. Die Beteiligung an der Gesellschaft selbst ist zwar voll abgeschrieben, aber die Kredite der Fraport sind im Abschluss 2014, obwohl geboten, nicht wertberichtigt worden. Um welchen Betrag müssten Sie die Kredite eigentlich wertberichtigen?

Darüber hinaus bitte ich Sie um vielleicht validere Angaben als bisher zum Umsteigeranteil. Der von Ihnen genannte Wert beruht auf Umfragen. Wie hoch ist der Anteil der abfliegenden Passagiere, für die Sie die Entgelte für Transferpassagiere berechnen?

Sie verdrängten auch, dass der Planfeststellungsbeschluss noch nicht rechtskräftig ist, ein Risiko, dass er aufgehoben wird, also sehr wohl besteht. Es kann noch etliche Jahre dauern bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung – die nachgelagerten Verfahren sind noch nicht einmal in erster Instanz abgeschlossen. Momentan könnten Sie eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses verkraften, nach Fertigstellung von Terminal 3 droht Ihnen jedoch der Konkurs.

Ich nehme Fraport nicht als profitorientiertes Unternehmen wahr. Von zentraler Bedeutung ist vielmehr das Anliegen der Mehrheitseigentümer Land Hessen und Stadt Frankfurt, um jeden Preis Arbeitsplätze zu schaffen. Dass sie damit ihre Treuepflichten gegenüber den außenstehenden Aktionären verletzen, schert sie nicht. Genauso wenig schert es sie, dass Menschen durch Fluglärm krank werden, Kinder schlechter lernen und viele ein Sonderopfer zu Gunsten des Flughafens erbringen müssen. Die Fraport steht am Scheideweg: Will sie weiterhin auf ertragloses Wachstum setzen, oder will sie sich zur Ertragsperle entwickeln, die nicht nur die unvermeidbaren Belastungen ausgleicht, sondern deren Dividendenzahlungen den Hessen zusätzlichem Wohlstand verschafft?

Als Aktionär sage ich derzeit jedenfalls klar und deutlich „Kein weiterer Ausbau, kein Terminal 3“. Was die Zahl der Flugbewegungen angeht: Das Gewinnmaximum liegt wohl eher bei 380000 als bei 500000 Flugbewegungen jährlich; weniger Flugbewegungen korrespondieren mit höheren Preisen, bei Fracht und Umsteigepassagieren sind diese ohne Nachteile für die Nutzer aus der Region durchsetzbar.

Als Aktionär tue ich mich im Moment schwer, ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr zu fordern. Bei einer eigentlich gebotenen Verbesserung des Nachtschutzes sähe das allerdings anders aus. Dann könnte Fraport bei einem Nachtflugverbot viel Geld für ansonsten notwendigen Schallschutz sparen

Bei weniger Flugbewegungen stellt sich auch die Frage, ob sich der Weiterbetrieb der Nordbahn überhaupt lohnt; ich erinnere daran, dass vor Jahrzehnten die Höchst AG eine nagelneue Anlage zur Erzeugung von schwerem Wasserstoff stillgelegt hat, weil sich der Betrieb nicht lohnte. Die Bahn muss weg.

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr