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Stellungnahme des
Ortsvorstandes der IG Metall, Verwaltungsstelle
Darmstadt, zum geplanten Flughafenausbau Frankfurt
(Diese Stellungnahme wurde von 130 Mitgliedern der Delegiertenversammlung
der Verwaltungsstelle Darmstadt am 23.11.00 bei 2 Gegenstimmen bzw.
5 Enthaltungen angenommen und wird nunmehr dem DGB - Kreisvorstand
Starkenburg und der Bezirksleitung Frankfurt der IG Metall vorgelegt
)
Aus unserer Sicht stellt das "Ergebnis
des Mediationsverfahrens" kein tragfähiges Konzept für
den Flughafenausbau dar. Vielmehr wird deutlich, dass grundsätzliche
Fragen unbeantwortet bleiben bzw. diesbezügliche Gutachten
in Zweifel zu ziehen sind. Insbesondere die prognostizierte Arbeitsplatzentwicklung,
die seitens der Befürworter als Hauptargument angeführt
wird, hat sich methodisch als äußerst fragwürdig
erwiesen: Nur 12 Prozent Rücklauf einer Befragung; Fragen,
die sehr weit in die Zukunft weisen; befragt wurden vom Ausbau
begünstigte Firmen usw...
Die "Negativseite" des Ausbaus
fehlt in dem Gutachten ebenso wie eine Gesamtbilanz der Arbeitskräfteentwicklung.
Die Not-wendigkeit des Ausbaus mit der Schaffung von Arbeitsplätzen
zu begründen, hält der Arbeitsamtsdirektor Frankfurts
für "verlogen". Schriftliche Garantien für
geplanten Aufbau von Beschäftigung gibt es nicht. Unsere
Erfahrung der letzten Jahre zeigt in eine andere Richtung.
Nicht eingelöst ist die Forderung nach
einem integrierten, zukunftsfähigen Verkehrskonzept, das
auch andere Verkehrs-träger und eine weitere notwendige vernetzte
Betrachtung des Luftverkehrs einbezieht.
Obgleich an anderen Flughäfen umgesetzt
und technisch machbar, ist ein umfassendes Nachtflugverbot zur
Minimierung der ohnehin schon vorhandenen unzumutbaren Lärm-
und gesundheitlichen Belastung der betroffenen Anwohner nicht
als Vorleistung vorgesehen und faktisch nicht abschließend
geregelt.
Unser Eindruck ist insgesamt, dass soziale
und ökologische Rahmenbedingungen, dass die Entwicklung der
Lebensqualität der Anwohner und des Naturschutzes keineswegs
mit Vorrang beachtet worden sind. Wer diese aber nicht beachtet,
kann die Gewerkschaften nicht an seiner Seite finden.
Aus unseren vielfältigen gewerkschaftlichen
Erfahrungen heraus wissen wir, wie oft derart existenzielle Fragen
mit kurzfristiger betriebswirtschaftlicher Logik übergangen
werden. Offensichtlich droht mit dem Planungsverfahren der Flughafenentwicklung
und dem Beschluss des Ausbaus wieder einmal der Faktor Mensch
und der Schutz natürlicher Lebensgrundlagen ins Hintertreffen
zu geraten.
So steht fest, dass die Mediation und Verlautbarungen
der Ausbaubefürworter:
- wesentliche Fragen nach der im Grundgesetz
verankerten körperlichen Unversehrtheit, der freien Entfaltung
der Persön-lichkeit und dem Schutz von Lebens-, Eigentums-
und Sozial-interessen der Menschen im Einzugsbereich des Flughafens
nicht aufgegriffen bzw. nicht beantwortet haben. So u.a. Fragen
der vielfältigen Auswirkungen des (Flug)Lärms und der
Emissionen auf die Gesundheit und Entwicklung von Kindern und
Jugend-lichen, Alten und Kranken, arbeitenden Familien, insbesondere
Schichtarbeitern; Fragen nach dem ansteigenden Gefahren-potenzial;
Fragen nach Freizeit-, Wohm- und (Nah)Erholungswert einer ganzen
Region; Fragen nach drohenden Wanderungs-bewegungen, sozialer
Lärmverslumung und der weiteren Einengung kommunaler Entwicklung
und Selbstverwaltung; Fragen nach der "Enteignung" erarbeiteten
Eigentums zur Lebensabsicherung durch Wertverlust
- Fragen nach der weiteren Belastung natürlicher Lebensgrund-lagen
durch den geplanten Flughafenausbau gleichfalls nicht ausreichend
aufgegriffen bzw. beantwortet haben, so die nach-haltigen Folgen
weiterer Einschläge in den seit der Römerzeit erhaltenen
(Bann-)Wald, die weitere Belastung von Luft, Boden und Wasser
mit kurz-, mittel- und langfristigen Folgen für das Klein-
und Gesamtklima der Region, für den empfindlichen Wasserkreislauf,
die Landwirtschaft, den Regelkreis von Natur, Tier- und Pflanzenwelt,
kurz für des Ökosystem Rhein - Main und für die
Erdatmosphäre bei ungebremst steigenden Flug-bewegungen
- Fragen nach künftigen Fracht- und Personenverkehrskonzepten
unter Einschluss aller Verkehrsträger auf regionaler, nationaler
und europäischer Ebene nicht hinreichend aufgegriffen und
beantwortet haben und weder eine Gesamtstudie über die komplexe
Steigerung des Gesamtverkehrsaufkommens in der Region bei geplantem
Ausbau, noch eine praxisnahe, zukunfts-orientierte Studie über
die internetgestützte Kommunikations –und Logistikentwicklung
der regionalen und interkontinentalen Märkte aufgelegt hat.
Wir halten es für falsch, die nachhaltige Entwicklung der
Rhein-Main-Region und ihres Arbeitsmarktes auf die schiere Kapazität
des Frankfurter Flughafens zu reduzieren und damit Ent-wicklungspotenziale
auszublenden, die sich aus der Mischung traditioneller und zukunftsorientierter
Forschungs-, Entwicklungs, Produktions und Dienstleistungsunternehmen
vieler Branchen ergeben auf der Basis eines hohen Qualifikationsniveaus
seiner Menschen und vielfältiger Bildungs- und Kulturangebote
der Region. Die Balance zwischen Innovation, Wachstum und Lebensqualität
muß in unserer Region erhalten bleiben. Dazu ist eine Gesamtstudie
zur nachhaltigen Entwicklung unserer Region unter Beteiligung
der DGB-Gewerkschaften erforderlich.
Unter diesen Voraussetzungen lehnen wir den geplanten
Flughafenausbau ab.
Wir verlangen aktuell die Entwicklung
eines nachhaltigen und damit zukunftsfähigen Konzeptes der
integrierten Planung des Luftverkehrs und der weiteren Verkehrsträger.
Nur ein Konzept, das der Lebensqualität der betroffenen Menschen
deutlichen Vorrang einräumt, kann letztlich Akzeptanz in
der Region finden. Dazu gehört auch ein Lärmschutzgesetz,
das diesen Namen verdient.
Notwendig ist auch eine breite gesellschaftliche und innerge-werkschaftliche
Diskussion, die unter Einbeziehung auch regionaler Gewerkschaften
die nachhaltige Gesamtentwicklung der Rhein – Main - Flughafenregion
behandelt. Hier ist der DGB gefordert.
Wir sehen verstärkt die Notwendigkeit, Erfahrungen und Kenntnisse
von Gewerkschaftern untereinander auszutauschen, um der Tendenz
zum Globalisieren, zum Abschluss von Joint Ventures und strategischen
Beteiligungen über Länder und Kontinente hinweg, um
der Tendenz zur Aushöhlung von Arbeit-nehmer- und Mitbestimmungsrechten,
von Betriebsverein-barungen und tariflichen.Standards entgegenzuwirken.
Hier sind gewerkschaftliche Dialogforen zur Standort- und Beschäftigungs-sicherung
ebenso geboten wie ein gemeinsames Eintreten für eine bessere
Betriebsverfassung und europäische Mitbe-stimmung.
bernhard.grunewald@gmx.de
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