|
Abweichung vom RPS 2000 für eine Flugzeugwerft am Flughafen
Ihr Schreiben vom 21.10.04
Sehr geehrter Herr Willsch!
Sie haben als einziges Mitglied der Regionalversammlung
schriftlich geantwortet. Dafür danken wir.
Damit ist unserer Begeisterung aber auch schon wieder am Ende.
Wir, die im Bündnis der Bürgerinitiativen „Kein
Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr“
zusammengeschlossenen Bürger, hatten gehofft, Sie würden
sich als unser – wenn auch nur indirekt gewählter -
Vertreter mit den Argumenten auseinander setzen, die für
die am 5.11. in der Regionalver-sammlung Südhessen an-stehende
Entscheidung Bedeutung haben sollten. Darauf gehen Sie nicht ein,
sondern wählen einen anderen Betreff - Ausbau des Flughafen
Frankfurt International RheinMain - und bringen die alten pauschalen
Argumente. Das nimmt man hin, wenn sie der Geschäftsführer
Ihres Vereins immer wieder auf Veranstaltungen vorträgt.
Schließlich offenbart der von Ihnen mitgegründete Verein
ja auf seiner Homepage seine Geldgeber. Man mag auch ein gewisses
Verständnis dafür haben, dass Sie sich wei-terhin Ihrem
früheren Arbeitgeber, der heutigen Fraport AG, verbunden
fühlen. Nur, Ihren im Brief re-klamierter Anspruch „...auch
als Mandatsträger im Deutschen Bundestag und in der Regionalver-sammlung
Südhessen dafür ein, diese Probleme zu lösen ...“
sehen wird dadurch doch sehr eingeengt.
Nehmen wir nur das auch von Ihnen wieder bemühte Argument
Arbeitsplätze und untersuchen es für die Bannwaldentscheidung
einmal genauer. Zunächst: Wie viel Arbeitsplätze bringt
die Großflugzeugwerft? Die Fraport AG hat im Erörterungstermin
eingeräumt, zunächst gar keine neuen zusätzlichen.
Die Mitarbeiter werden aus den dann überflüssigen Hallen,
die für die Zufahrtswege von und zur geplanten Landebahn
Nordwest ohnehin abgerissen werden, nur in die neue Halle versetzt.
(Daraus folgte übrigens auch, dass wegen der gleichbleibenden
Mitarbeiterzahl kein Parkhaus nötig ist, auf das man jetzt
großmütig verzichten will.) Sollte die überdimensionierte
Halle (auch das wurde eingeräumt!) in 10 bis 15 Jahren vielleicht
einmal voll ausgelastet sein, könnten maximal 250 Arbeitsplätze
entstehen, aber auch nur falls die von der modernen Wartungstechnik
erhofften Rationalisierungseffek-te wider Erwarten nicht eintreten.
Unter dieser Prämisse ist dann doch die Frage erlaubt, ändert
sich daran etwas, wenn für die Halle erst 20 Hektar Bannwald
gerodet werden? Oder entstehen genau so viele oder wenige Arbeitsplätze
wenn die Halle „innerhalb des Zauns“ gebaut wird?
Über die Antwort gibt es ja wohl keinen Zweifel. (Einmal
davon abgesehen, dass die ausländische Holzfällerkolonne
zwei Wochen in Deutschland Geld verdient.) Wofür dann abholzen?
Erleichtert wird das Verweigern der Abweichung vom Regionalplan
durch das überraschende Einge-ständnis der Fraport in
der Planänderung vom Juli 2004. Man räumt jetzt ja ein,
dass es auf dem Be-triebsgelände doch sieben geeignete Standorte
gibt. Vier davon seien bereits in der Vorentscheidung wieder verworfen
worden (warum wird nicht dargelegt), die restlichen drei seien
zwar geeignet jedoch deutlich teuerer als die Abholzung des Bannwaldes.
Schon deshalb, alleine aus finanziellen Gründen, sei auch
keine dieser verbliebenen Alternativen zumutbar. Außerdem
würde deren bisher unterlassene Beplanung jetzt soviel Zeit
kosten, dass man den Wünschen der Lufthansa nicht mehr rechtzeitig
nachkommen könne. – Da wird deutlich, wie ernst die
Fraport AG – immer noch mehrheitlich im Be-sitz öffentlicher
Hände! - ihr Umweltbewusstsein nimmt, wenn es ernst wird.
Wald, wie er heute noch auf dem begehrten Areal steht, braucht
100 bis 150 Jahre bis er zu der Güte-klasse heranwächst,
die er durch seine artenreiche Fauna und Flora erreicht hat. (Wir
hatten Sie eingeladen, ihn sich einmal anzusehen, bevor sie über
ihn den Stab brechen.) Ausgleichsmaßnahmen sind nicht möglich
weil es in der betroffenen Region keine geeigneten zusammenhängenden
Flächen mehr gibt. Gäbe es sie, fielen für mehrere
Menschen-Generationen die unersetzlichen Wohlfahrtswirkungen so
lange aus, was auch nicht hinnehmbar im Sinne der „lebenswerten
Region“ ist, die Sie erhalten und stärken wollen.
Nun gibt es seit dem Absendetag Ihres Briefes ja noch zusätzliche
Alternativen auf dem erworbenen Caltexgelände. Fraport AG
hat den Erwerb unter anderem damit begründet, dort sei der
ideale Platz für Alles, was nicht unmittelbaren Anschluss
an die Rollbahnen brauche. Und von solchen Betrieben gibt es –
auch das wurde in der Erörterung zugestanden - auf dem heutigen
Betriebsgelände wahrlich eine ganze Reihe. Warum nicht die
verlagern und den frei werdenden Platz für die Großflugzeugwerft
nutzen? Die vom Gesetz gebotene Schonung des Bannwald ist möglich.
Wenn Sie sich dafür einsetzten, dann könnten Sie uns,
die Bürger in mehr als sechzig Bürgerinitiativen im
Rhein-Main-Gebiet, davon überzeugen, dass Sie Ihrem Anspruch
„... ich setze mich .. als ... Mandatsträger in der
Regionalver-sammlung Südhessen dafür ein, diese Probleme
zu lösen und unsere le-benswerte Region zu erhalten und zu
stärken“ gerecht geworden sind. Und Sie befänden
sich in guter Gesellschaft. Etliche Kommunen und Landkreise sowie
der Planungsverband haben sich dafür aus-gesprochen, den
Bannwald zu erhalten. Auch der von Ihrer Partei geführten
Hessischen Landesregierung ist das ein Anliegen, denn sie hat
gerade den Regionalplan wieder in Kraft gesetzt, der den Schutz
des Waldes festschreibt.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Heuser
PS: Arbeitsplätze! Die werden
in der Luftfahrtbranche ja seit einiger Zeit abgebaut oder zumindest
„mit neuen Tarifstrukturen“ ausgestattet. Aktuell
die Meldungen von heute über den ungeduldigen Herrn Mayrhuber
oder „start frei“ vom 1.10.04, wo die Herabstufung
der „Blaumann“-Arbeits-verhältnisse gefeiert
und als „Beginn eines Prozessses“ beschrieben wird.
Von den Zauber-Multiplikatorformeln „...induzierte, katalytische
Effekte“, die Fraport für sich alleine reklamiert,
sollte man seriöser Weise nicht reden. Falls doch, dann gelten
sie genau so für alle anderen Branchen.
zurück
|
|